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MikkoUm mal wieder zum Thema zu reden, wie könnte denn künftig der Wert von Musik definiert werden? Mal abgesehen von den persönlichen, z.T. ganz privaten Gründen der Wertschätzung,
„Von den persönlichen, z.T. ganz privaten Gründen der Wertschätzung“ kann ich nicht absehen, denn nur sie definieren für mich den Wert der Musik. Musik, die mich persönlich nicht anspricht, hat für mich keinen Wert, weder ideell (eben weil sie mich nicht anspricht) noch ökonomisch (weil ich kein Geld dafür ausgebe).
„Gute“ oder „wertvolle“ Musik hat für mich die Funktion, das begrenzte, einengende pysikalische Universum aufzusprengen und Reisen in Zeit und Raum zu ermöglichen, Gefühle auszulösen, zu verstärken oder abzubauen. Wenn ich z.B. „Looking out my backdoor“ von CCR höre, dann bin ich 13 Jahre alt und liege zusammen mit meinem inzwischen verstorbenen besten Freund in einer Turhalle vor dem Transistorradio und höre die Hitparade.
Das emotionale Element der Musik ist m.E. völlig offensichtlich. Und die wichtigsten Gefühle, die für mich mit Musik verbunden sind, sind Freiheit/Ausbruch/Revolution, Liebe(skummer) und Langeweile. Und für jedes Gefühl gibt es die richtige, in diesem Moment wertvolle Musik. Aber die kenne nur ich.
Mikkowie kommt man zu verallgemeinerbaren Kriterien den Wert von Musik betreffend? Wenn der Tonträger und seine Wertigkeit als Kriterium ausscheiden, was hilft uns dann einzuordnen wie „wertvoll“, „bedeutend“, „wichtig“ eine Aufnahme ist?
Aufgrund meines sozialen Backgrounds ist der Tonträger für mich (eher) unwichtig. In meiner Kindheit hatten wir weder Plattenspieler noch Tonband, sondern nur ein altes Radio mit schlechtem Empfang. Musik zu konservieren und wiederholt abzuspielen war nicht möglich. Mit ca. 12-13 bekam ich ein Transistorradio geschenkt, mit dem ich nachts heimlich und mit ganz niedrigem Soundlevel Radio Luxemburg auf Mittelwelle hörte. Trotz der extrem schlechten Klangqualität war das für mich eine sehr wichtige Erfahrung. Einer der schönsten Momente war für mich als ich 14/15 war und einen Ferienjob in einer Molkerei hatte. In der Halle war es sehr laut und ich habe an meinem Arbeitsplatz Transistorradio gehört. Auf einmal lief „Starman“ von Davis Bowie. Ich konnte kaum etwas hören, aber es hat mich unheimlich mitgenommen. Die Single habe ich mir später auf Klassenfahrt von meinen letzten 5 DM gekauft und sie ist mir heute noch wichtig, aber nicht weil es eine Vinyl-Single ist, sondern wg. der Erinnerungen und Gefühle, die damit verbunden sind. Sie ist ein Symbol meiner Jugend.
Zur Frage, wie „wertvoll“, „bedeutend“, „wichtig“ eine Aufnahme ist: Das einfachste Maß wären die Verkaufszahlen bzw. der Umsatz. Allerdings mißt dies m.E. selbstverständlich nicht die Bedeutung eines Musikstückes. In der Forschung wird „bedeutender Beitrag“ u.a. durch Zitationen und Preise gewürdigt. Ein Artikel, der von anderen Wissenschaftlern häufig zitiert wird, vielleicht sogar eine „Schule“ begründet, ist bedeutend. Ein wissenschaftliches Werk, das von der Community anerkannt wird und preiswürdig ist, ist bedeutend.
Übertragen auf Musik würde dieser Ansatz bedeuten, dass ein Musikstück bedeutend ist,
a) wenn es ein Genre begründet, einen neuen Stil einführt (neue Intrumentierung, neue Spieltechnik usw.), also einfach originär und originell ist.
b) musikalisch oft nachgeahmt wird .
c) und/oder von anderen Musiker hoch geschätzt wird.
Back to lurking mode.
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