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How To Get Away With Murder S1 * * *
Viola Davis ist wirklich in jeder Szene ein kleines Naturereignis. Ihr zuzusehen, ist, wie einem in Zeitlupe herumstreifenden Löwen zuzuschauen, bei dem jeder Muskel unter der Haut sichtbar in Bewegung ist. Leider aber erliegt die Show für mich ansonsten den typischen Shonda-Rhimes-Krankheiten: die akademischen/politischen „Einblicke“ schwanken zwischen reißerisch und völlig unglaubwürdig und der Anspruch an noble Raffiniertheit wird, anders beispielweise bei The Good Wife, nie wirklich eingelöst. Die sophistication ist letztlich nicht viel mehr als eine semi-transparente Auflage. Im Kern geht es wie gewohnt im ShondaLand um zwei Dinge: Zwischenmenschliches Drama und in rasantem Takt abgefeuerte Plot-Twists (dieses Mal mit reichlich, freilich gerade noch ABC-tauglich explizitem Sex zwischen Männern gewürzt). Die ungefähre Auflösung der Flashback-Story konnte man auch schon von der zweiten Folge aus riechen, womit die Flashbacks und der gesamte Aufbau der Serie für mich auch ziemlich schnell ihre Wirkung verloren.
Bei all dem wahrt Viola Davis zwar durchweg ihre Würde, das rettet allerdings nicht viel. Es gibt ja etliche Shows, in denen der einnehmende lead den Rest des Casts ein ganzes Stück mitzieht oder ein geerdeter, zugänglicher Restcast die Brillanz des Helden akzentuiert (The Mentalist, Monk, Penny Dreadful etc.). Davis’ Anneliese Keating ist aber einfach durchweg von Unsympathen umgeben (grotesk ambitionierte Jurastudenten und grotesk loyale Mitarbeiter) und Davis selbst ihren Co-Darstellern um derart viele Galaxien überlegen, dass man sie gerne retten und ihren wirklich interessanten Charakter in ein starkes Ensemble stecken möchte, das sie füttern kann. Einen halben Bonusstern gibt’s für die Sex-/Leichenobduktion-Szene und die expositorische Spiegel-Szene, die zwar vom Prinzip her ein alter Hut ist, aber hier sehr effektiv umgesetzt wurde.
Napoleon DynamiteWo machst du Einschränkungen? Zu viel style over content? Ist dir die betont ikonografische Gestenhaftigkeit von Neil Maskell (den ich seit „Kill List“ sehr mag) etwas zu plump? Ich war zu Beginn der ersten Folge noch ziemlich skeptisch, aber die visuelle Zugkraft der Serie enkräftigt alles, selbst wenn die eine oder andere formale Spielerei sicherlich nicht zwingend notwendig ist. Und für den spezifisch (neo-) britischen, dunkel-skarkastischen Klang, der bei Channel-4-Produktionen („Black Mirror“, „Peepshow“) anscheinend immer wieder zum guten Ton dazugehört, kann ich mich in der Regel schnell erwärmen.
Die beiden erwähnten mag ich auch sehr, zu Utopia habe ich dagegen bis zum Schluss nicht so richtig Zugang gefunden. Vielleicht lag es daran, dass ich die Charaktere alle nicht so furchtbar schlüssig und dadurch absolut gar nicht relatable fand. Dass die Kinder ständig wie Erwachsene reden und handeln, steht ganz gut für die Haltung der Serie, die ich im Endeffekt zwar bewundert, aber nicht wirklich gemocht habe. „Style over content“ trifft’s insofern schon ganz gut, wobei es beim Style auch weniger das „dass“ und mehr das „wie“ war: Die comichafte Ästhetik hat sich für mich einfach ziemlich schnell tot gelaufen. Konzept und große Teile des Drehbuchs waren aber wirklich prima und die zweite Staffel wird auch geschaut.
Utopia S1 * * * 1/2
Napoleon DynamiteHast du in der letzten Zeit andere, mehr oder minder aktuelle britische Serien gesehen? Mir fehlt da leider etwas der Einblick, die meisten Zeitschriften und Sites gehen da eher in die Spitze, denn Breite, aber vielleicht lese ich auch einfach die falschen. Als nächstes ist bei mir jedenfalls „Wolf Hall“ dran, und dann wage ich, Ben Wheatley sei’s gedankt, bei der letzten „Dr. Who“-Staffel einen Sprung ins kalte Wasser.
Mir geht’s ähnlich, seit der letzten Staffel Sherlock kam da nur noch eine Hand voll: The Honorable Woman, die Du ja kennst und schätzt, auf der Habenseite auf jeden Fall noch The Fall, durchwachsener dann [I]Love/Hate, Wallander (Kenneth Branagh ist aber schon prima und man erfährt nebenbei, wo er Tom Hiddleston aufgegabelt hat) und im Comedy-Bereich Derek. Dr. Who ist so ein Riesenberg, immer wenn ich davor stehe, habe ich keine Ahnung, wo ich ansetzen soll. Sag mal Bescheid, wie Wolf Hall ist!
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Sir, I'm going to have to ask you to exit the donut!