Re: Die letzte Serie, die ich gesehen habe….

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mep

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tina toledo

Buffy The Vampire Slayer S06 * * *

Nur drei bescheidene Sternchen ? Wieso Weshalb Warum ??? ;-)

Für mich im Ganzen betrachtet vielleicht sogar die beste Staffel bislang; schon alleine Willows Story Arc und die Verschiebung im Grundton der Serie sind bemerkenswert und ergreifend…

Season VI *****

Ab dieser Staffel ist es letztlich nicht mehr besonders sinnhaft, die unterschiedlichen Folgen einzeln zu besprechen. Ist eine durchgängige Erzählung geworden, die sich hauptsächlich von den Staffel- bzw. Folgenbösewichten verabschiedet hat und viel stärker auf den Herausforderungen des Lebens, der Beziehungen untereinander und des Erwachsenwerdens beruht. SPOILER: Buffy hatte sich am Ende des epischen Staffelfinales der fünften Season geopfert, um das Auseinanderbrechen der Welt zu verhindern. Zu Beginn der neuen Staffel taucht Willow daher noch tiefer in die schwarze Magie ein, um Buffy wieder in diese Welt zurückzuholen. Dabei vermutet Willow jedoch, dass sich Buffy in einer Art Höllenschlund befinden müsse, aus dem sie errettet werden würde. Es ist letztlich nicht ganz klar, wo sich Buffy in der Zwischenzeit wirklich befand, es war aber ein Ort, an dem sie Ruhe gefunden hatte und von den Lasten ihres Slayerdaseins befreit war. Die ersten Episoden drehen sich daher fast ausschließlich darum, dass Buffy sich langsam wieder an die Härten des irdischen Lebens gewöhnen muss und sich immer stärker von ihren Freunden entfremdet. Once More With Feeling lässt diese Entwicklungen dann kulminieren; danach werden Buffys Probleme letztlich etwas weltlicher, aber auch immer drängender: Finanzielle Engpässe, unerquickliche sexuelle Konfrontationen und Sorgerechtsstreitigkeiten um Dawn. Die ganze Staffel rückt dabei sogar immer stärker von Buffy als Protagonistin ab und stellt Willow in den Mittelpunkt der Narration. Und das ist die ergreifendste und packendste Storyline, der bisherigen sechs Staffeln. Im Serienverlauf wurde Willow von den äußeren Umständen immer stärker hin zur schwarzen Magie getrieben, zumeist um Buffy im Kampf gegen übermächtige mystische Gegner beizustehen. Zu Beginn dieser Staffel überschreitet Willow nun einen weiteren neuralgischen Punkt, indem sie ein Tieropfer erbringt, das für Buffys ´Auferstehung´ benötigt wird. Die Staffel beginnt und endet letztlich mit einem Leben, das durch Willow genommen wird. Im weiteren Staffelverlauf verfällt Willow nun immer stärker den Möglichkeiten der schwarzen Künste, welche von ihr selbst dabei allerdings immer nur positiv wahrgenommen werden. Sehr explizit wird dabei Magie mit Drogen gleichgesetzt und Willow geht durch Phasen der eigenen Selbstverleugnung bis hin zu einem völligen physischen und psychischen Zusammenbruch. Im letzten Drittel der Staffel scheint Willow aber auf dem besten Wege der Genesung, bis sich ein tragisches Unglück ereignet und das ´Seeing Red´ des Episodentitels auf allen Ebenen plastisch umgesetzt werden wird. Und Dark Willow ward hiermit geboren. Und vielleicht DIE zentrale Szene der gesamten Staffel für mich: Willow stürmt in die Magic Box, bringt alle Bücher der schwarzen Magie in ihre Gewalt und saugt diese regelrecht in sich auf. Dabei strömt die Tinte der Buchstaben über ihre Haut bis in ihr Gesicht und letztlich in ihre Haare. Eine schlicht unvergessliche Sequenz. Die letzten beiden Episoden der Staffel sind jetzt ein einziger Endkampf. Dark Willow gegen die ´eigentlichen´ drei Staffelbösewichte. Dark Willow gegen ihre Freunde, gegen Buffy, gegen Giles, gegen Xander. Und letztlich: Dark Willow gegen das Leben, das von ihr vernichtet werden will, um der menschlichen Seele endlich Ruhe zu gewähren. Full Circle. Am Anfang und am Ende der Staffel stehen Gräber.

Bin gerade bei ca. der Häfte der siebten Staffel angekommen; beginnt für mich recht mühsam und man weiß in den ersten Episoden noch nicht so recht, wohin man eigentlich so richtig will, mit dieser Staffel. Wirkt zuerst wie ein etwas angestrengter Versuch, Buffy wieder zurück zu dem eigentlichen Ursprung der Serie zu bringen. Allerdings reisst man dadurch natürlich auch die zentralen Figuren wieder verstärkt auseinander und es stellt sich zu Beginn noch kein wirklich kohärenter Staffelverlauf ein, wie es in den letzten Staffeln der Fall gewesen ist. Conversations With Dead People ist hier so ein kleiner Wendepunkt für mich. Strukturell wird mal wieder was gewagt und es wird erstmalig klarer, in welche Richtung der weitere Staffelverlauf wohl gehen wird. Und das ist eine interessante Ausrichtung, die durch die potentiellen Doppelrollen aber auch grandios scheitern könnte. Bislang lässt es aber noch auf großes hoffen…

Epilog. Once More With Feeling:

Hier muss ich doch nochmals kurz ins Detail gehen, weil es für mich nicht nur eindeutig die bislang beste Buffy-Folge geblieben ist, sondern auch ganz klar als eine der besten TV-Episoden überhaupt für mich zu nennen wäre. Strukturell ist diese Episode schlicht atemberaubend, schon rein handwerklich betrachtet. Ein Fernsehmusical, das für mich von der Kadrierung, der Mise-en-Scene oder auch der Montage her gesehen auf einer Ebene liegt, mit den großen Klassikern der Filmgeschichte. Wird mir immer schleierhaft bleiben, wie man innerhalb weniger Tage solch eine stringente, klare und komplexe Aufgabe überhaupt bewältigen konnte. Schon alleine die diversen Plansequenzen in dieser Episode sind überwältigend. Ausserdem wage ich zu behaupten, dass in dieser Folge kein Schnitt und keine gewählte Einstellungsgröße willkürlich gewählt, sondern übergreifend konzipiert wurde. Das ist für mich Classical Hollywood at it´s very best; und das im Kontext einer 40-minütigen Serienfolge.

Zudem funktioniert diese Folge für mich auch herausgelöst aus dem bisherigen Serienverlauf, obwohl sie gleichzeitig ungemein in diesen narrativen Rahmen verankert ist. Und das ist kaum zu überschätzen! Zum einen wird in den Songs alles subtil angedeutet bzw. mit einem gewissen Dreh neu präsentiert, so dass man als Neueinsteiger letztlich auch problemlos dem Gezeigten folgen kann; zum anderen läuft man nie Gefahr, redundant und erläuternd zu werden, wie es für mich in den ersten Folgen der siebten Staffel leider recht häufig der Fall ist.

Darüber hinaus sind alle Songs zudem auch einfach überaus superb zu nennen; ein Ohrwurm nach dem anderen. Und teilweise so geschickt ineinander übergehend, sich relativierend und neu interpretierend. Die Folge ist ganz einfach eben nur das Eine für mich: Ein Meisterwerk.

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STANdground.