Re: Bauer Ewalds MP3-Test: Ergebnisse und Auswertung

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wolfen

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Bauer EwaldWas die Aussagefähigkeit dieses Experiments angeht, würde ich gerne noch einmal auf meine Ausgangsfragestellung zurückkommen: Inwieweit ist man unter alltäglichen Hörbedingungen in der Lage, mp3s von Original-Wavs zu unterscheiden? Kann ich bei mir zuhause, an meiner Stereonlage, im Auto, an meinem IPod, oder meinetwegen auch an meinem Computer hören ob ich mp3s oder Original-CDs verwende?

Nach meiner persönlichen Einschätzung und Erfahrung ist es im „Alltagsbetrieb“ vollkommen gleichgültig und Unterschiede sind nicht beleg- und beweisbar zu hören. Gerade im Auto oder auch zu Hause mit verschiedensten Störgeräuschen und -faktoren (die sich zum großen Teil unbewusst und im Hintergrund abspielen) auf keinen Fall. Andere Behauptungen halte ich schlicht (bitte entschuldige) für Einbildung bzw. Gehirn, Ohr und Wahrnehmung spielen gewisse Streiche.

Zugegebenermaßen ein etwas anderer Ansatz, als sich mit 20 Hörern in ein Studio zu vergraben und dort einen Tag lang konzentriert zu hören. Aber auch ein Ansatz der die bei solchen Hörsessions sonst unvermeidlichen Einwände ob denn auch das letzte kleine Kabel richtig gepolt ist umgeht, weil er von vornherein Limitierungen in der Audiokette als Umstände des Höralltags ganz bewußt zuläßt.

Ja, es ist ein anderer Ansatz. Wir waren übrigens nicht in einem klanglich neutralen Studio oder Raum, es wahr ein klanglich etwas optimiertes Wohnzimmer, in dem ganz normal „gelebt“ wurde. ;-)
Es war auch kein Hifi-Voodoo-Freak unter uns, der Unterschiede bei der Verwendung verschiedener Lautsprecherkabel hörte. So „feakie“ war keiner von uns. Das einzige „Absonderliche“: wir hörten konzentriert und möglichst frei von alltäglichen Störgeräuschen.

Ich denke bei aller Einschränkung (besonders durch die relativ niedrige Anzahl der Teilnehmer die allgemeingültige statistische Aussagen verbietet) läßt sich insgesamt doch feststellen, daß von den Teilnehmern tendenziell mp3s im Höralltag erkannt werden konnten.

Das will ich gar nicht bestreiten. Auch, wenn die Teilnehmer nur sagten, DAß sie Unterschiede hörten, aber nicht, welche. Ich möchte ganz sicher keinem seine eigenen persönlichen Erkenntniss abspenstig machen, auf keinen Fall. Aber in dem einen oder anderen Fall bezweifele ich sie halt.
Und gerade das ist bei einer Live-Session mit gleichen Bedingungen für alle ein Vorteil. Man kann darüber direkt und ohne Verzögerung reden, diskutieren und versuchen, anderen „live“ seine Standpunkte und Eindrücke zu erläutern. Sowas kann sehr sehr spannend sein.

Wobei man hier sicherlich differenzieren muß: Ein Drittel der Teilnehmer konnte generell keine reproduzierbaren Unterschiede hören. Von den übriggebliebenen 2/3 liegen die meisten Teilnehmer mit ihren Ergebnissen innerhalb oder knapp über dem statistischen Mittel, hier ist also kaum eine Aussage möglich. Immerhin etwa ein Viertel (beginnend ab etwa 10-11 Punkten) konnte Unterschiede aber durchaus signifikant erkennen, und zwar unabhängig von der Qualität ihrer Hörkette!

Wie schon einmal angedeutet: hier ist mir zu viel an Statistik und mathematischer Wahrscheinlichkeit und zu wenig an gehörmäßig Nachvollziehbarem drinne. Statistiken kann ich nicht hören und Zufallstreffer sind Zufallstreffer. Wieviel davon wahrscheinlich ist oder nicht, ist für mich einfach zu abstrakt.

Zur auch von otis angesprochenen Qualität der Hörkette: Interessanterweise bekam ich von mehr als einem Teilnehmer den Hinweis, gerade bei „billigen“ Komponenten Unterschiede eher raushören zu können als bei hochklassigen.

Billigkomponenten mit entsprechend schlechten Wiedergabequalitäten halte ich schon mal für einen erheblichen Komprimierungsfaktor an sich, ob Original oder Mp3. Beim Abspielen von Original-CDs fallen schon auf Grund der relativ schlechten Wiedergabe viele musikalische Details und Feinheiten weg. Bei der Mp3-Komprimierung werden natürlich ebenfalls einige (angeblich für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbare) Teile der Musik quasi abrasiert. Das heißt: sie werden gar nicht erst als Daten auf den Rohling mit aufgenommen. Geht man davon aus, daß aber dennoch einige weggelassene Daten durchaus vom menschlichen Ohr als „schlechtere Qualität“ wahrnehmbar sind, kann ich das eigentlich nur auf einer guten Anlage nachvollziehen. Bei einer schlechten Anlage klingt bereits das Original so schlecht, daß es ganz erheblich schwieriger -wenn nicht gar unmöglich- wird, Differenzen tatsächlich wahrzunehmen.

Von einem anderen Hörtest hatte ich auch mal gelesen, daß Personen mit gewissen Hörschäden unter Umständen Unterschiede besser hören können. Es scheint generell nicht so zu sein, daß das psychoakustische Maskierungsverfahren von MP3s bei Limitierungen in der Hörkette besser funktioniert, oder daß man umgekehrt nur ein hinreichend gutes Audiosystem braucht um Unterschiede sicher hören zu können.

Das kann ich weder bestätigen, noch dementieren. ;-) Ich denke, dafür müsste man echte Experten in solchen Fragen zu Rate ziehen.

Überraschend finde ich, daß gerade der Dance-Track von Madonna am besten erkannt wurde, und die Klassik-Stücke am schlechtesten. Das hätte ich eher umgekehrt erwartet. Wobei hier auch Ermüdungseffekte eine Rolle spielen können (Madonna kam ja gleich als 2. Stück, und Klassik liegt halt etlichen Leuten doch nicht so). Auch der Mike Scott-Song hat relativ schlecht abgeschnitten. Eine Differenzierung eigens nach den Musikstücken wäre sicher auch noch interessant, vielleicht mache ich das noch.

Hätte ich auch eher umgekehrt erwartet, jedenfalls nach den Erfahrungen meiner Live-Session, auf der ja gerade die etwas „leiseren Töne“ bewusst bevorzugt wurden.
Du könntest auch Recht damit haben, daß gewisse persönliche musikalische Präferenzen eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielen.

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[kicks sagt:] ( schon alleine dass da keine Nüsse drin sind zeigt dass es ein allgemeiner check is )