Re: Das Jahrhundert des Taktstocks – Eine Liste

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pinchIst dir Gary Bertinis Mahler-Gesamteinspielung bekannt? Die hat bei so manchen GM-Kennern mächtig für Furore gesorgt.

An den Furor erinnere ich mich, aber ich habe die Einspielungen nicht. Ende der 80er, Anfang der 90er, ich weiß es nicht mehr, habe ich ihn in Köln gehört, mit den dortigen Philharmonikern, Mahler IX. Reicht auch nicht für ein Urteil heute.

Anbei, ich habe mir gestern Adornos Musikalische Schriften gezückt, da gibt’s einen guten Text: „Zu einem Selbstgespräch über Mahler“, ausgehend von einer Auseinandersetzung mit Hans Mayer. Fällt mir gerade wieder ein, weil Du Bernsteins Achte lobst (Adorno im Übrigen konziliant-unversöhnlich wie so oft und liest Mayer, doch schon, ein paar Leviten), aber was ich meine, das hier:

„Nicht verschweigen kann ich, daß ich gerade die Art von Montagetechnik, die Mahler anwandte, um sich den Text des letzten Satzes aus dem Lied von der Erde zusammenzubasteln, und die kaum einen eindeutigen Sinn zuläßt, für ungemein kühn und fortgeschritten halte. Sicherlich liegt der geschichtsphilosophische und der Stilbruch zwischen dem ‚Veni creator spiritus‘ und der Schlußszene des Faust zutage. Vergleichen Sie aber die Komposition beider Texte, die ja bis in die thematischen Einzelheiten hinein streng aufeinander bezogen sind, so werden Sie bemerken, daß die Musik auf die ihr allein mögliche Weise, nämlich die der Formkonstruktion, den Stilbruch bewältigt.“

Frappierend! Denn das stimmt ja, das, fast möchte ich sagen, rhythmische Metrum im „Veni creator spiritus“ ist identisch etwa mit „Waldung, sie schwankt heran“, obwohl dort eben besänftigt. Erstaunliche Zusammenfügung! Und da gibt es ja noch so einige …

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