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Anonym
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pinchKarajans „Missa“ habe ich inzwischen tatsächlich gehört und finde sie grandios. Sicher die beste Einspielung dieses Werkes, zumindest von denen, die ich kenne und besitze. Besten Dank noch mal für den wertvollen Tipp!
Freut mich sehr, dass Du das teilen kannst.
Was mich wundert: Du hälst Bernsteins Mahler für versemmelt? Komplett? Wo genau siehst bzw. hörst du denn die Defizite? Ich finde ja den gesamten Zyklus ziemlich wunderbar (ich mag übrigens auch Soltis Gesamteinspielung der Mahler-Symphonien). Jede Nuance sitzt, die Tempi stimmen, bei der #8 fährt ein superber Chor auf etc. Eventuell zerstört ja der mir bis jetzt unbekannte Hans Zender dieses Bild.
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Jetzt interessiert mich natürlich brennend, wer bei dir auf Platz 1 zu finden ist.
Komplett versemmelt … das wäre sicher viel zu harsch gesagt. Es gibt bei mir aber ohnehin keinen „besten“ Komplett-Mahler-Dirigenten, das schwankt sehr mit den einzelnen Werken. Und da ist mir die Bernstein-Ausbeute – und er hat sie ja weidlich betrieben – einfach etwas gering. Die Achte übrigens kenne ich ausgerechnet nicht mit ihm, IV und VI mit dem NYC, dann noch die späteren Einspielungen mit den Wienern und Berlinern, das „Lied von der Erde“ mit Kollo und Ludwig ist mir immer fremd geblieben (das Werk durchaus nicht), aber Ludwig kam da wohl mit Bernstein oder ihrem Kollegen nicht recht klar, anders als mit Wunderlich und Klemperer. Aber Bernstein, ich kann mir sogar seine Verve als geeigneter bei Schostakowitsch vorstellen als bei Mahler. Mir ist das inzwischen – ich meine ausufernde Interpretationen wie Sinopoli mit VI, Karajan mit V und VI, obwohl ich ihn bei IX wieder sehr gut hören kann, oder gar Svetlanov – zu suhlend. Nicht, dass ich mich manchmal nicht gerne suhlen würde. Aber zuletzt bleibt mir da doch kurz Gesagte (bei aller Präzison) zurzeit wichtiger, also Mitropoulos und Zender, teils auch Gielen, Rosbaud (!) und, nicht zu vergessen, Barschai mit V und X, gerade diese finde ich gegenüber der frühen Rattle-Einspielung oder auch Ormandy im Puls, im Zittern für bisher unerreicht, und das mit einem Jugendorchester. Aber so könnte ich jetzt noch lange weitermachen, Stokowski mit II, auch Abbado mit VII haben eine Spannung, bei der ich zu hören meine, das sie nach innen geht, weil sie genau von dort kommt. Mit Solti habe ich es nie weiter versucht, nachdem er mir den Trauermarsch in I viel zu lapidar (kann man das, by the way, mit „steineschwer“ übersetzen?) genommen hat.
Du siehst: Ich habe keine Nummer 1, obwohl gypsys freundliche Suggestion:
gypsy tail windBarbirolli, knapp vor Gould (dem Meister, der die 88 Tasten dirigiert wie kein anderer)
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gar nicht abwegig ist. Nein, im Ernst, zu einer Liste fühle ich mich nicht in der Lage (und klar, Anthony Lewis, wahrscheinlich habe ich in der Schnelle kurzerhand Cluytens‘ Vornamen hinüberspielen lassen). Wenn es aber nur zehn sein sollen, dann gehören da sicher Leute hinein, die nicht nur zwei-, dreimal vorzügliche Einspielungen gegeben haben, obwohl das individuell wichtig sein könnte, sondern über lange Zeit, vielleicht sogar ein Leben. Verstehe ich schon. Wie bei Bernstein. Und dann aber auch Karajan. Trotzdem … bei Mahler gehe ich lieber zu anderen.
gypsy tail wind… ich denke halt einfach, dass der Schwerpunkt je nach Hörgewohnheiten anders aussehen dürfte. Und es ist wohl auch so, dass manch einer eine grossartige Oper hinkriegen konnte, ohne wirklich der ganz grosse, ja herausragende Dirigent zu sein (Böhm wäre vielleicht so einer).
Aber ganz gewiss! Angenommen, aus welchen Gründen auch immer, man entscheidet sich par coeur für die HIPster, da fielen hier womöglich einige aus den Listen. Und wenn eine Musikweise die Oper ist, also im Vordergrund von allem für jemanden steht, dann kann ich pinch zwar trotzdem zustimmen, dass es passt, aber andere sehen’s wieder anders.
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