Startseite › Foren › Die Tonträger: Aktuell und Antiquariat › Aktuelle Platten › BRUCE SPRINGSTEEN THE RISING › Re: BRUCE SPRINGSTEEN THE RISING
Bruce Springsteen – The Rising, Columbia 2002
In nur acht Wochen nimmt Springsteen mit der legendären E Street Band im Frühjahr 2002 ein neues Album auf und bringt es mit einem, von ihm selten gesehenen Marketing- und PR-Push auf den Weg. Springsteen hat etwas zu sagen oder leiht einmal mehr seine Stimme denen, denen sie selbst versagt. Auf „The Rising“ sind es (vordergründig) die Opfern des 11. Septembers.
Die Veröffentlichung des Albums findet weltweit große Beachtung. Die Artikel, die über „The Rising“ erscheinen, sind aber – zumindest hierzulande – nicht unbedingt von Euphorie getragen, sondern krümmen den Zeigefinger zum Fragezeichen, ob der Working-Class-Heroe Springsteen, überhaupt besingen darf oder sollte, wozu er nun die Kehle hervortreten lässt.
Springsteen, der zuvor schon den Zerfall des amerikanischen Traums, das Trauma Vietnam-Krieg, Rassismus, AIDS oder Flüchtlingsschicksale an der kalifornischen Grenze zu Mexiko besungen hat, muss einmal mehr um Glaubwürdigkeit kämpfen. Der Vorwurf nach Kalkül wird laut und die Angst vor einer Glorifizierung der Geschehnisse.
Springsteen geht das Thema dabei nicht plump oder zu direkt– wie etwa Neil Young in „Let’s Roll“ an, sondern schreibt über die Menschen, die in diesem – oder einem anderen – Zusammenhang mit Zerstörung, Verlust, Angst etc. konfrontiert sind und die nach einem Weg suchen, weiter zu machen.
In seinen Bildern und Gleichnissen findet sich Pathos und Patina ebenso wie Fein- und Zeitgeist-Fühligkeit. Springsteen bildet wie ein Seismograph die Schwingungen im Befinden der (post September 11.) USA ab ohne dabei das Epizentrum mit Koordinaten so festzuklopfen, dass es auf einen singulären Punkt beschränkt bliebe.
Auf der Suche nach Halt gebendem oder Sinn stiftendem verliert er sich allerdings mitunter im Beschwören einer wenig greifbaren Spiritualität als Metaebene im Beziehungsgeflecht der Menschen, die nicht jedem als Auffangbecken seiner Leere, Ängste oder Orientierungslosigkeit dienlich sein mag.
Doch was ist der Common Sense im Selbstverständnis der Menschen, der Opferbereitschaft, Demut und Heldenhaftigkeit in Extremsituationen begründet ohne unbedingt religiös verwurzelt zu sein? Keine uninteressante Frage…
Nicht alle Songs von „The Rising“ machen es dem Zuhörer so schwer. Es gibt auch „normale“ Songs zu „normalen“ Themen, die als Tür für ein gänzlich unbefangenes Herangehen an das neue Springsteen Werk dienen können.
Und dann ist da noch die Musik, die Springsteen und die E Street Band gleichsam vertraut und neu erscheinen lässt. Der Sound ist – dank neuem Producer Brendan O’ Brian – teils recht matschig, hier und da aber auch angenehm kantig. Während die meisten Springsteen-Alben bislang in Stimmung und Klang sehr eigen waren markiert „The Rising“ sowas wie den zentralen Punkt, auf den alle bisherigen Wirkungs-Schnüre zu zulaufen scheinen, wenn sie zum Teil auch aus sehr unterschiedlichen Richtungen kommen. Es ist beim Anhören nachvollziehbar, dass dies der selbe Mann ist, der „The Ghost Of Tom Joad“ oder „Human Touch“ gemacht hat, während sich dies beim Betrachten nur dieser beiden Alben kaum erschließt. Dies nur als Beobachtung, nicht als Wertung.
„The Rising“ ist allein deshalb spannend, weil kontrovers. Springsteen hat noch immer die Kraft und Größe aufzurütteln und Diskussionen los zu treten. Dies verpackt in Rock mit Tiefe ist in jedem Fall eine Reise den Highway des „American Way Of Hope and Fear“ wert. Die Beifahrertür steht offen.
Song für Song Betrachtungen auf drylightning.de
EURE MEINUNG ZU MEINER MEINUNG INTERESSIERT MICH. MAILT ODER POSTET!!!
--
Click for a dry kick. drylightning.de