Re: The Sisters of Mercy

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latho
No pretty face

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Bender RodriguezDer Begriff „Gothic“ als solcher im Zusammenhang mit Popmusik fiel zum ersten Mal um 1979 herum, als ein Kritiker (oder war’s gar deren Manager Rob Gretton himself…?) einigen Journalisten die Musik von Joy Division als „Gothic Dancemusic“ umschrieb!

Die Hardcore-Fanszene, die sich um Joy Division herum begründete, kopierte den schlichten (an die Mode der Dreissiger/Vierziger Jahre angelehnten) Look der Band, bis die Klamotten am Ende in Schwarz dominierten, dazu die langen Mäntel (man schaue sich Photos von Ian Curtis an…) und es war nur noch ein winziger Schritt hin zu dem, was als „Waver“ oder „Grufti“ in die popkulturelle Historie eingegangen ist. Dies geschah um 1980/1981 herum. Richtig, es formierte sich eine Szene unter dem Eindruck von Musik – aber welche subkulturelle Szene tat dies nicht? Zum ersten Male betitulierten sich Bands selbst als „Gothic“ ca. Mitte/Ende 1982 – und zwar die sogenannten „Batcave“-Bands, wie Alien Sex Fiend oder Sex Gang Children, die in der Tat zum ersten Mal gezielt ein gewisses Publikum ansprachen.

Die vorher schon aktiven Bands wie Siouxsie & T.B., The Cure oder gerade eben die Sisters Of Mercy gingen verschiedene künstlerische Verbindungen mit eben diesen damals neuartigen Zielgruppenbands ein, sei es, daß man zusammen Auftritte bestritt, sich gegenseitig auf irgendeine Weise unterstützte (Produzententätigkeit) oder eben NICHT widersprach, wenn z.B. die Sprache auf „Goth“ kam. Bei diesem ganzen Zauber wirkte seinerzeit sogar der Herr Nick Cave mit. Daß z.T. manche Bands aus diesem Umfeld sogar nicht selbst leugneten, „Gothic“ zu sein, sondern von oberschlauen Musikschreiberlingen ausgegrenzt wurden, nur weil plötzlich ein Dancebeat sich auf eine Maxiversion einschlich – oder die Band mehr als 100.000 Einheiten eines Albums verkaufte, ist wieder solch eine Geschichte der Irrtümer und Histörchen!

Informativ, danke! Anscheinend gibt/gab es zwei Arten der Gothic-Subkultur, oder besser: eine, die sich von Nick-Cave-Schwarze-Klamotten (an die ich mich erinnern kann, wenn ich sie auch nicht unbedingt als Gothic bezeichnen würde) hin zu Tattoo-Rote-Haare-Latex-bei-Konzerten-Szene umwandelte. Defintionen gibt es wahrscheinlich in diesem Zusammenhang keine gültigen bzw sie sind schwer aufzustellen.

Bender Rodriguez
Das Auftreten in Weiß von Andrew Eldridge war beileibe eine derart durchsichtige Möchtegern-Antihaltung, die dadurch eine gewisse Involviertheit in die Szene gerade bestätigte! So in etwa wie Satanisten gerade deswegen die Existenz Gottes NICHT leugnen, wenn sie lediglich das Kreuz herumdrehen!:doh: (Ich weiß, der Vergleich hinkt, aber…)

Nein, tut er nicht und der „Satan“ ist ja beim Satanismus auch eher so eine Art Jesus für Sozialdarwinisten – ein 180-Grad-Spiegelbild, komplett unoriginell.
Die weißen Klamotten sind vielleicht nicht Endpunkt längerer Überlegungen bei Eldrige, ich mochte aber die Geste gegenüber einem komplett humorlosem Publikum (die zB mit den Texten wahrscheinlich wenig anfangen können) – und gegenüber mir mit meinen blauen Jeans…

Bender Rodriguez
Auch Richtig: Diese („psychedelischen“…) Gitarren(läufe) gab’s seit den Sisters-Anfangstagen, genauso wie Peter Hook’s Bass ein kultiges 60’s-Relikt ist, Echo & The Bunnymen Doors-Affinitäten besitzen, „Bela Lugosi’s Dead“ (1979!) von Bauhaus auf einem verkappten Reggae-Rhythmus aufbaut – es kommt allerdings immer darauf an, welche Seele man im Endeffekt dem Sound/der Musik einhaucht…

Ich würde es mal so formulieren: Marx und Adams waren für die Sisters wichtiger als Eldrige das zu wissen meinte.

Bender Rodriguez
Und „Vision Thing“ ist in meinen Augen allerdings von Metal inspiriert, die Umsetzung jedoch sicher für einen Metal-Fan nicht zwingend. Aber ich bin ja auch kein Metal-Fan…

Ich auch nicht – das sollen die Metal-Fans entscheiden.

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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.