Re: Blumfeld – Verbotene Früchte

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sonic-juice
Moderator

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So, das Album läuft nun zum dritten Mal. Ich habe wohl meine Auffassungsgabe etwas überschätzt, für eine angemessene Bewertung bräuchte ich erstmal ein paar Monate.

Das Wort Schlager sollte im Blumfeld-Kontext jedenfalls verboten werden, das passt nun wirklich hinten und vorne nicht. Eher noch Folk, Chanson und eben einfach: Pop. Aber für die, das Wort „Schlager“ als Kampfbegriff nutzen, ist das wahrscheinlich nichtmal ein Unterschied.

Für mich wird den entscheidenden Unterschied zwischen * * *1/2 und * * * *1/2, die ich mir als Bewertungsspielraum vorstelle, wohl weniger die Qualität der Texte ausmachen (die zwischen herausragend, originell, putzig, lustig und irritierend schwankt), sondern die Qualität der Musik, ob diese mich eben langfristig so tief anspricht wie bei den letzten Platten. Was mich momentan etwas stört, ist der Begleitchor, bei dem ich mir irgendwie bärtige Latzhosenträger vorstellen muss. Er klingt etwas muffig und unsexy.

Ansonsten sehe ich gar keinen großen Bruch, das ist einfach nur das Konzept Blumfeld konsequent weiterentwickelt. Es gibt viele musikalische und textliche Anknüpfungspunkte an die früheren Platten. Insbesondere freut mich, dass sie weiterhin gegen das dämliche Coolnis-Diktat der Indie-Musik ansingen und bewusst oder bedenkenlos Themen, Worte, Wendungen und musikalische Weichheiten vereinnahmen, bei der man als Hörer erstmal rot anläuft. Bei genauerer Betrachtung sind das nämlich ganz „normale“ Bausteine eines deutschen Liedes, die der Hörer aber reflexhaftig in die Schubladen Schlager, Kinderlied oder Mundorgel sperren will, weil sie dort exzessiv und floskelhaft genutzt wurden. Distelmeyer hingegen textet ganz präzise und respektvoll und wird dem Wortschatzreservoir dadurch ganz gerecht.

Blumfeld sind nicht nur die beste deutsche Band, sie sind mit Sicherheit die mutigste. Ich mag sie.

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