Re: Blumfeld – Verbotene Früchte

#3941721  | PERMALINK

declan-macmanus

Registriert seit: 07.01.2003

Beiträge: 14,707

Kai BargmannGenerell würde ich sagen, das Blumfeld-Werk zerfällt textlich in zwei Teile:

1. Bierernst (für mich der schwächere, oft recht larmoyant, zu viel Selbstbespiegelung)
2. Humorig-ironisch, „Wellen der Liebe“ etwa muss man so deuten, sonst wäre es ja wirklich Schlager. Gerade die Doppeldeutigkeit gefällt mir aber gut.

Zu „Verbotene Früchte“ mehr, wenn ich sie besser kenne. Zunächst: Meinte Distelmeyer die Texte ernst, wären sie in der Tat einfältig. Man MUSS sie daher doppeldeuten.

Was ist denn das für eine merkwürdige Logik? „Scheiße, sind die Texte einfältig, dann kann er das ja gar nicht ernst meinen.“ Ich glaube, Du irrst. Lies mal das Interview mit Distelmeyer im Musikexpress!

„Wellen der Liebe“ ist kein Stück ironisch. Der meint das wirklich so!

Die Unterteilung in „bierernst“ und „humorig-ironisch“ sehe ich nicht. Distelmeyer ist nicht ironisch. Und auch nicht humorig. Er ist fast immer bierernst – auch und gerade in seinen neuen Texten. Und überhaupt: was für eine merkwürdige Art von Ironie wäre das denn bitte? „Hihi, ich bin ironisch, verpacke das aber so, dass es niemand merkt.“ So funktioniert Ironie nicht.

Die Trennlinie in den Texten verläuft vielmehr zwischen verklausuliert und direkt.

Der verklausulierte (oder mit Deinen Worten „bierernste“?) Teil der Blumfeldschen Texte ist natürlich der weitaus kunstvollere. „L’etat et moi“ mit seinen Zitatehalden, Anspielungen, Selbstbespiegelungen und Doppelbödigkeiten gehört für mich zu den besten, auch musikalisch konsequentesten und bleibenden deutschsprachigen Platten.

Mit dem direkten Teil hatte ich anfangs (beim Erscheinen von „Old Nobody“) meine Probleme, konnte ihm dann aber nach und nach immer mehr abgewinnen. „Jenseits von Jedem“ habe ich vom ersten Takt an sehr gemocht. Auf „Verbotene Früchte“ hingegen schmerzt mich die Direktheit in großten Teilen, weil sie so unfassbar naiv und niedlich daherkommt. Klar gibt es Ausnahmen, allen voran „Der sich dachte“ (ein simples Lied mit einem simplen Text, das mich wirklich tief berührt) – aber diese Glanzlichter verstärken nur meine Enttäuschung: „Himmel, er kann’s doch immer noch – warum dann so ein Quatsch wie Tier um uns und Der Apfelmann?“

Ob du mit dem Ergebnis einverstanden bist, ist eine weitere Frage – offenbar nicht. Schade! Für mein Empfinden haben Blumfeld die Entwicklung der letzten Jahre jetzt auf die Spitze getrieben, und das konsequent und souverän. Allerdings: Weiter geht’s jetzt nicht mehr.

Quatsch. Natürlich geht es weiter. Die Wege Distelmeyers sind unergründlich.

Souverän kann ich „Verbotene Früchte“ nicht finden. Peinlich trifft es viel besser. ;-) Konsequent? Ich weiß nicht. Benenne doch die Fortsetzung der Blumfeldschen Entwicklung mal bitte konkreter!

--

Lately I've been seeing things / They look like they float at the back of my head room[/B] [/SIZE][/FONT]