Re: Rezeptionsverhalten und -möglichkeiten in den 1960er und frühen 70er Jahren

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wolfen

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Herr Rossi: alles ist relativ und die Rockmucke, die die meisten Jungens damals hörten, war einfach in unseren Ohren saugut.
Was in dieser Zeit (zumindest in der Provinz) auch feststellbar war: sehr vieles kam zum Teil mit gut 1 Jahr verspätet in den „Cliquen“ an. Die Zeit damals war wesentlich weniger schnelllebig und ne Menge Musik aus so ab Mitte der 60er wurde überhaupt nicht als „alt“ oder als Oldie-Musik angesehen. Zum Beispiel „The Who Sell Out“ oder „Beggars Banquet“ waren auch in den 70ern immer noch frisch, obwohl sie da schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hatten.
Was ich so im Rückblick noch feststellen kann: die Möglichkeiten der Information über vieles an Musik abseits des Mainstream war nur sporadisch vorhanden, jedenfalls in meinen damaligen Kreisen. Die Discos und Musikschuppen in den Städtchen machten zu dieser Zeit wenig bis keine Experimente. Vieles, was man vielleicht aus heutiger Sicht dem damaligen Mainstream zuordnen möchte, empfanden wir in dieser Zeit wirklich als „indie“. Die gesamte Musiklandschaft war überschaubarer, der Kommerz gegenüber heute betrachtet steckte eigentlich in den Kinderschuhen. In unserer Stammdisco z.B. wurden die Sex Pistols oder andere Punk-Music praktisch gar nicht gespielt, sie hatten gegen die Saturday-Night-Welle einfach keine Chance. Das Kontrastprogramm zu Travolta und Co. bestand meist aus Toto, John Myles, Genesis, Jethro Tull oder damaligem Heavy Metal-Zeug wie (immer noch) Deep Purple, Saxon, Whitesnake oder den frühen SAGA.
Es mag auch wiederum in größeren Städten mit wesentlich umfangreicherem musikalischen Background oder gewissen Subkulturen ganz anderes gewesen sein. Das vermag ich auch im Rückblick kaum zu beurteilen, weil ich -wie gesagt- in dieser Zeit ein Provinzei war. ;-)
Die (musikalische) Welt war einfach kleiner und kaum jemand konnte es sich mit 16 oder 17 Jahren auch leisten, zu Konzerten nach Frankfurt, Düsseldorf, Köln oder wohin auch immer zu fahren bzw. in den größeren musikalischen Kulturzentren „Underground“ zu schnuppern. Wir waren wesentlich weniger mobil als gerade in der heutigen Zeit. Alleine von daher war unser musikalischer Horizont in den Dörfchen und Städtchen in aller Regel schon ziemlich eingeschränkt.

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[kicks sagt:] ( schon alleine dass da keine Nüsse drin sind zeigt dass es ein allgemeiner check is )