Re: Musikalische Plagiate

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CanzionePlagiat und Postmoderne

„Bob Dylan ist nicht authentisch. Er ist ein Plagiator, und sein Name und seine Stimme sind falsch. Alles an Bob Dylan ist Betrug.“ (Joni Mitchell)

Alle schöpferisch Tätigen, die post-modern genannt werden können, bewahren etwas von der modernen Sensibilität, eine gewisse Intention, die sie von bloßen Nachahmern unterscheidet, sei dies durch Ironie, sei es durch Parodie, Verschiebung, Komplexität, Eklektizismus, Realismus oder irgendeine zeitgenössische Taktik.

Wie gesagt, wir werden uns in dieser Wertungsfrage wohl nicht einigen können – für das Joni-Mitchell-Zitat trotzdem danke, das ist herrlich!

Der Unterschied in unseren Anschauungen: Natürlich sehe ich in den späten Dylan-Platten eine durch und durch „moderne Sensibilität“. Ironie nicht zu knapp, in den Texten eine bei aller scheinbaren Einfachheit kaum zu durchdringende Komplexität, hochgradiger, kunstvoller Eklektizismus, der alte Songtexte mit Zitaten aus japanischen Gangsterbiographien kurzschließt … zeitgenössische Taktiken überall, aufs Ausgefuchsteste angewandt.

Was die Musik betrifft, finde ich Deinen Einwand aber bedenkenswert: Manches klingt tatsächlich so, als sei es uralt.

Die entscheidende Brechung sehe ich hier in der Stimme, einer alternden, schwindenden, mal hemmungslos melancholischen, mal finster sarkastisch klingenden Stimme. Sie macht deutlich: Was hier geschieht, ist nicht der Versuch einer Wiederholung des Vergangenen, kann es gar nicht sein. Es geht um eine „raunende Beschwörung des Imperfekt“, bei der sich der Singende/Sprechende des unüberwindbaren Grabens zwischen ihm und der Vergangenheit sehr bewusst ist.

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