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Pink Floyd Stadtpark Hamburg 1989(Hamburger Abendblatt
Rock zwischen Idylle und Technik
Da waren sie wieder: die Typen mit
langen Haaren und ausgewaschenen,zerfransten Jeans. Die Festwiese im
Stadtpark wurde am Freitag zumSchauplatz eines riesigen Rock-Happe-
nings: Schneidersitz, Wolldecken,selbstgedrehte Zigaretten, Räucher-
stäbchen. Rund 70000 Menschen –60000 auf der Festwiese und 10000
Zaungäste – warteten auf ihre Idoleaus den siebziger Jahren — Pink Floyd.
Es war eigentlich wie bei jedem Kon-zert: Wunderkerzen und Feuerzeuge bei
Schmusestücken, Kreischen und Jubelbei altbekannten Hits. Und doch — ir-
gendwie war diesmal alles anders. Aufder einen Seite herrschte Idylle im Grü-
nen: Buden, Picknick-Körbe, gegrillteWürstchen und Kerzenschein, auf der
anderen Seite ein technisches Spektakelmit 16 Tonnen Licht, 150 Tonnen Ton
und der größten Open-air-Bühne derWelt (51 Meter breit, 27 Meter hoch, 24
Meter tief). Gigantischer Rahmen für dieDinosaurier aus der Flower-Power-Zeit.
Kurz nach neun legen die Altrocker –Gitarrist und Sänger David Gilmour ist
43, Drummer Nick Mason und RichardWright (Keyboards) sind 45 Jahre alt –
los. „Shine On You Crazy Diamond“ solldie Fans in alte Zeiten zurückversetzten.
Doch kaum schauen sich die Pärchenverliebt in die Augen – „Weißt du noch
damals?“ – werden sie zurückgeholt indie Gegenwart: Bis zur Pause spielt das
Trio mit Verstärkung (fünf Musiker unddrei Sängerinnen) nur Stücke von der
neusten Studio-LP „A Momentary Lap-se Of Reason“: alter Stil, zum Teil mit
poppigen Elementen.
Trotz optimalen Sounds – 50 000 WattQuadrophonie — kommt das Publikum
—nicht so recht in Stimmung. Die übriggebliebenenHippies wollen in Nostalgie.
“schwelgen. Den neuen Liedern fehlt derMythos des Vergangenen. Und auch die
Show erreicht noch nicht den ge-wünschten Effekt. Obwohl sich dieLichtmaschinerie alle Mühe gibt – ge-gen Sonnenschein und Abenddämme-rung kommt sie nicht an.Nach einer zu langen Pause geht dasPink-Floyd-Konzert um 22.45 Uhr erst
richtig los. „Time“, „Money“, „Wish youwere here“ – das wollen die Fans hören.
Dazu flimmern surrealistische Filmeüber die runde Leinwand und saust ein
überdimensionales Bett über die Köpfeder Zuschauer hinweg.
Endlich ist es auch dunkel genug fürdie Lightshow. Vier Roboter mit je 3800
Spots bestrahlen die Bühnen aus allenRichtungen und in allen Farben. Laser-
kanonen schießen blaue, rote und grüneLichtbündel in den Himmel. Einigen
Fans fällt beim Staunen die Kinnladeherunter. Erfahrenere in Sachen Pink-
Floyd-Konzerten sind weniger beein-druckt: Bei der Tour 1987/88 lief die
Show genauso über die Bühne.Die grellen Blitze und vernebelten
Spots scheinen von den winzigen Men-schen auf der Bühne abzulenken. Viel-
leicht, damit keiner den Bauchansatzvon David Gillmour erkennt, das Dop-
pelkinn von Nick Mason, die Falten vonRichard Wright? Perfekt spielen sie ihr
Repertoire. Sie haben es ja auch langegenug geübt (1973 erschien die LP „The
Dark Side Of The Moon“, 1975 „WishYou Were Here“, 1979 das erfolgreichste
Doppelalbum „The Wall“).Nach drei Stunden Pink Floyd sind
die Meinungen über die Qualität desKonzertes geteilt. Enttäuschung bei den
Freunden der ganz frühen Pink-Floyd-Ara: Eine psychedelische Stimmung wie
Ende der sechziger Jahre kann bei soeinem technischen Spektakel nicht auf-
koinrnen. Die jungen Pink-Floyd-An-• hanger- sind völlig erschIagen von den.
Legenden, die sich um die -Rock*Qigan-ten ranken. Für die Fans aus der Hippie-
Zeit ist es einfach das Ereignis: PinkFloyd war leibhaftig im Stadtpark – und
sie waren dabei. MINOU TIKRANI
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Wenn ich meinen Hund beleidigen will nenne ich ihn Mensch. (AS) „Weißt du, was ich manchmal denke? Es müsste immer Musik da sein. Bei allem was du machst. Und wenn's so richtig Scheiße ist, dann ist wenigstens noch die Musik da. Und an der Stelle, wo es am allerschönsten ist, da müsste die Platte springen und du hörst immer nur diesen einen Moment.“