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PAUL WELLER – Come on,let’s go
Zwölf Songs sind doch völlig ausreichend für ein Studioalbum, oder nicht? Wieso hat man das Paul Weller nicht flüstern und in dem Zusammenhang auch gleich noch die entsprechenden Füller benennen können, die obendrein praktischerweise ganz am Ende liegen? Die zarte Folk-Melancholie von „Roll Along Summer“ wäre überdies ein treffender Abschluss für diese ungemein variationsreiche Herbstplatte – und die Höchstwertung damit nur noch Formsache gewesen.
Tiefergreifende Gründe zum Echauffieren lässt Altmeister Paul Weller auf seinem neuen Studiowerk jedoch an keiner Stelle zu. Abzüglich des an sich gar nicht so unspannenden aber überlangen Jam „Bring Back The Funk (Pts 1&2)“ im Style Council-Style und der arg schwülstigen Ballade „The Pebble And The Boy“ blitzen auf „As Is Now“ die unterschiedlichsten Facetten seines Könnens auf, die der Meister in 28 Jahren Karriere angesammelt hat. Und wahrhaftig nur die besten: Hail to the Nadelstreifen-Punk!
Bereits mit dem staubtrockenen Single-Rocker „From The Floorboards Up“ riffte sich Weller mal eben auf das Alter eines Maximo Chiefs-Bandmitglieds herunter, vereinzelt wurden ob des schnittigen Tempos und der rauhen Klangfarbe gar begeisterte The Jam-Rufe laut. Nostalgikern dürfte denn auch beim Opener „Blink And You’ll Miss It“ der Mod-Kopf kreisen, ein dreckiges Energiebündel, das selbst Noel Gallagher den Scheitel gefönt haben muss, dessen Wheeler End Studios in den Genuss der 14 konzentrierten 8-Stunden-Tage der Weller-Band gekommen ist. Die Entscheidung des Sängers, das Albumprojekt direkt nach einer Londoner Konzertserie im Frühjahr anzugehen, lässt nun frische, überreife und explosive Früchte fallen.
Apropos Oasis: Bei den ersten zehn Sekunden vom großartigen „Savages“ darf man gerne an die Gallaghers denken, nicht aber bei der scheinbaren Albumtitel-Analogie „As Is Now“ – „Be Here Now“, die natürlich verbriefter Humbug ist. Signore Weller ließ sich vielmehr vom Kunstwerk „As Is When“ des schottischen Pop Art-Künstlers Eduardo Parlozzi inspirieren, der sich einige Zeit der Kunstform Art Brut nahe fühlte. Passenderweise wirbelt eine Band gleichen Namens neben zahlreichen weiteren Weller-Enkeln heuer landauf landab die Charts durcheinander, so dass es allerhöchste Zeit wird, dass auch die neuerdings wieder mächtig Styling propagierende Mod-Legende davon profitiert.
Ich jedenfalls will verdammt sein, wenn selbst 16-jährige Jungrocker die Schönheit eines Weller’schen Vorzeigestücks wie „All On A Misty Morning“ geringschätzen, ein Stück, für das ein Doherty lange stricken muss. Selten fiel es so schwer, Höhepunkte zu nennen, wenn eben noch das grimmige „Paper Smile“ Bar rockt, „Come On/Let’s Go“ die Tanzschuhe feil bietet und bei „I Wanna Make It Alright“ plötzlich der Stehblues eine unpeinliche Renaissance feiert. Nebenbei wirft das Werk denn höchstens noch die Frage auf, wieso Bands wie Coldplay ein volles Jahr ins Studio gehen müssen. Vielleicht sollte man doch öfter die Älteren zu Rate ziehen.
(Quelle: Laut.de)
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