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latho
Ich habe nichts dagegen, wenn Vietnamesen in Filmen als menschliche Wesen gezeigt werden, ich würde bloß kein Bewertunsgkriterium „zeigt beide Seiten eines Konflikts“ einführen wollen (und das kann man sehr wohl auf Filme von 1939 anwenden).
Das sehe ich übrigens auch so. Aber wenn man schon die andere Seite zeigt, dann bitte nicht nur als seelenloses Monster. Da sind ja die Deutschen in den 60er-Jahre-Haudegenfilmen wie „Ein dreckiges Dutzend“ sogar differenzierter dargestellt worden, obwohl diese Streifen reines Unterhaltungskino waren.
In Sachen „Deer Hunter“ meine ich, dass der Film für sich eine Tiefe und Seriösität als Drama – jedenfalls was die Situation der Heimkehrer anbelangt – beansprucht, die man dann auch folgerichtig als Maßstab für den ganzen Film anwenden muss. Und wenn der Mittelteil vom Niveau her ein besserer „Rambo II“ oder „Missing In Action“ ist bzw. geradezu die Blaupause und Legitimation für diese stumpfen 80er-Reißer abliefert, dann leidet darunter die Gesamtqualität. Drama – Actionreißer – Drama halte ich für eine schlechte Mischung.
Leider lesen nun mal auch nicht alle Filmzuschauer gleich zeithistorische Bücher, um sich mit der Gesamtthematik zu beschäftigen. Vielmehr ist es so, dass das Vietnam(kriegs)bild des ganz großen Teils der amerikanischen und europäischen Bevölkerung ganz wesentlich durch die US-Kulturprodukte geprägt ist. Insofern halte ich die Wirkung eines Filmes auf das Publikum, sofern sie eine verzerrende, verunglimpfende Darstellung eines anderen Volks beinhaltet, für keineswegs nebensächlich.
Ohne hier die Geschichte des Vietnamkriegs aufrollen zu wollen:
Man muss sich m.E. doch vor Augen führen, dass die Amerikaner zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des „Deer Hunter“ sich gerade mal seit 5 Jahren aus einem fremden Land zurückgezogen haben, das sie zuvor über fast 10 Jahre mit Bombenteppichen in die Steinzeit zurückbomben wollten, in dem sie zeitweise 500.000 Soldaten stationiert hatten und selbst alle möglichen Kriegsverbrechen – auch in den von ihnen verwalteten Gefängnissen – begangen hatten. Dass dann kurze Zeit später als – soweit ich weiß – erste tiefschürfende, große US-Studioproduktion über diese Zeit ein Film gedreht wird (und mit 5 Oscars geehrt wird), der den ehemaligen Gegner ohne sachliche Grundlage nur als sadistischen Mörder karikiert, zeigt eben, dass man hier doch noch weitere Maßstäbe an Qualität anlegen kann als nur „Spannung“ oder Schauspielkunst.
Diese Bedenken, auch wenn man sie im Ergebnis nicht teilt, einfach als „Unsinn“ oder falsch verstandene „political correctness“ abzutun, halte ich für verfehlt.
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