Re: Joy Division – Closer

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go1
Gang of One

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Wie Herbert bin auch ich der Meinung, dass man nicht alles, was auf seine Art gut ist, auch selbst gut finden bzw. goutieren muss (ich kenne auch solche Fälle…). Aber die Produktion von Closer oder Unknown Pleasures ist nicht richtig charakterisiert, wenn man sie „dünn“ nennt – es ist ja nicht so, dass da etwas fehlte, sondern alles ist bewusst gestaltet. Die Instrumente sind voneinander und von der Stimme separiert, technisch verfremdet usw.; es ist ein kühler (jawohl) und vor allem künstlicher Studiosound, der sich vom Livesound der Band unterscheidet und nichts mit „Rock ’n‘ Roll“ zu tun hat. Und genau so soll es sein: Das Album ist eine eigene, dunkle Welt für sich. Auch das „Müde“ oder Betäubte gehört hier zu den Stilmitteln, die emotionale Bedeutung tragen (ein Track läuft einfach kraftlos aus, als ob einem das eigene Tun plötzlich vergeblich vorkommt). Das Album beginnt mit Finsternis und Schmerz und erreicht auf der zweiten Seite schließlich einen ganz eigenen, jenseitigen Zustand, den ich schwer beschreiben kann. Es ist intensiv emotionale Musik. Mich ergreift sie immer wieder (ich höre die Platte freilich nur selten).

Edit: Mal als Interpretationsangebot zu dem kritisierten Stück: Die häufige Wiederholung von „Isolation“ drückt nicht Isolation aus, sondern die Bewusstheit über den eigenen Zustand.

Im Internet habe ich vor kurzem übrigens diesen lustigen Kommentar zu Closer gefunden: „It’s not even music!“ Das ist doch keine Musik!

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To Hell with Poverty