Re: Pink Floyd – The Dark Side Of The Moon

#376895  | PERMALINK

beatlebum

Registriert seit: 11.07.2002

Beiträge: 8,107

… denn Jim schlug vor, dass wir uns Dark Side Of The Moon anhören sollten. In voller Länge, absolutem Schweigen und in der Dunkelheit, um besser die ominöse Stimmung aufsaugen zu können und in all der verwirrenden Sonderbarkeit zu baden. Und so hörten wir uns „Breathe“ mit David Gilmours ausgehöhlten Gitarrentönen an, „On The Run“ mit seinen gespenstischen Synthesizern und „The Great Gig In The Sky“, wo die Frauenstimme einsetzt, die unser Schicksal am Ende aller Zeiten beschreit.
Jeder von uns saß im Dunkeln und war eingeschüchtert. Sogr nach dem Ende der ersten Seite, als jemand sich seinen Weg zur Anlage ertastete und die Platte umdrehte, herrschte Stille-bis auf das Zischen eines Streich-
holzes, als sich Jim eine weitere jener Zigaretten anzündete , die seine El-
tern wahrscheinlich zuvor am Kiosk für ihn geholt hatten. Weiter also mit Seite zwei. „Money“, dessen Rhythmus auf dem Klingeln von Münzen und dem Zuschlagen einer Registrierkasse aufgebaut war, danach das schwebende „Us And Them“, das sanft die Einheit aller Menschen prokla-
miert, Reich und Arm, Schwaz und Weiß, denkend und nichtdenken, über „Brain Damage“, das so majestätisch anschwillt, bis hin zum Finale, dem hymnischen „Eclipse“, bei dem die Musik um uns herum in einem langsamen und leidvollen Fade-Out erstarb. Als sich die Nadel wieder von der Platte erhob, nahm es Stephen Goodridge auf sich , einen durch und durch runden und voll ausgereiften Furz zu lassen.
Ungefähr drei Stunden später hörten wir auf zu lachen und gingen nach Hause. Alles in allem gehörte es sich nicht, während eines Pink- Floyd-Albums einen fahren zu lassen. Dazu waren sie nicht gedacht. Also erhielt dieser Moment einen erregenden Anflug von Ketzerei. Aber er brachte uns auch das Gefühl, dass auf eine gutmütige Art der gesunde Menschenverstand in den Raum Einzug gehalten hatte. Wenn man Glück hat, gibt es diese Gelegenheiten im Leben, wo das Unaussprechliche ausgesprochen wird (obwohl „ausgesprochen“ hier das falsche Wort wäre). Und wenn man kein Glück hat, feiert man 1994 den 21. Jahrestag von Dark Side Of The Moon, indem man den CD-Rerelease kauft, die Solo-Alben von Roger Waters begutachtet und vielleicht sogar nach 30-Pfund-Tickets ansteht, um Floyd im Erl`s Court zu sehen. Wir haben einfach Glück gehabt. Ich würde gutes Geld darauf verwetten, dass keiner der an diesem Abend im Zimmer war, sich jemals wieder Dark Side Of The Moon angehört hat.
Von Jim hörte ich auch nichts mehr, aber man sagt, er wäre Buchhalter geworden.

Aus „Lost In Music“ (Eine Pop-Odyssee) von Giles Smith erschienen bei Heyne. Sehr lesenswert!

--

Captain Beefheart to audience: Is everyone feeling all right? Audience: Yeahhhhh!!! awright...!!! Captain Beefheart: That's not a soulful question, that's a medical question. It's too hot in here.