Re: Bruce Springsteen

#321197  | PERMALINK

anita

Registriert seit: 28.02.2013

Beiträge: 422

bullschuetz
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das alles total „naiv“, intuitiv geschah. Gut, er war wohl dann wirklich entgeistert und konsterniert, als die reaktionäre Vereinnahmung durch Reagan einsetzte. Aber sollte er echt nicht gewusst haben, welche Geister er da rief? Soll weder Landau noch Leuten wie Yetnikoff bei CBS bewusst gewesen sein, dass es da derartige Vereinnahmungsmöglichkeiten geben würde? Das waren doch alles komplett ausgefuchste Showbiz-Fexe.

Genau das sage ich ja: Sie haben damit kokettiert und ganz sicher auch auf eine gewisse Breitenwirkung gezielt und waren dann in der Tat entgeistert. Und natürlich war das Springsteen-Lager inkl. Management und Columbia-Bossen mit Marketing- & Promotion-Abtlg. auch da längst „ausgefuchste Showbiz-Fexe“ (sonst hätten sie kaum da gesessen, wo sie saßen).
Aber Du sagst ja selbst schon, dass es bei der Inszenierung der BITU-Kampagne vor allem um ein plakativeres Image und eine leichter verständliche, attraktive musikalische Verpackung ging. Dass irgendjemand dabei im Sinn hatte, auch auf „Stimmenfang“ im politisch konservativen Lager zu gehen, glaube ich dennoch nicht. Wie gesagt, damit hätte Springsteen wohl auch einen nicht unerheblichen Teil seiner Kern-Klientel vor den Kopf gestoßen oder wenigstens erheblich irritiert. Sein Hauptpublikum, auch zahlenmäßig, hatte er ja in den Ballungszentren im Osten, wo man traditionell nicht ganz so klotzköpfig denkt wie im Mittleren Westen. Vielleicht auch noch in Kalifornien, aber auch dort geht es eher liberal zu. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Landau und auch die Columbia-Leute für einen zweifelhaften Erfolg im Patriotenlager das sorgsam aufgebaute und gepflegte Image ihres Künstlers fahrlässig aufs Spiel gesetzt hätten. So kurzsichtig agieren selbst Plattenbosse nicht, die wollen ihre Kuh ja noch ein bisschen länger melken. Ich schätze, die Kampagne war vor allem auf das weiße Pop-Publikum in den Suburbs gerichtet. Dort wurde schließlich über „Hit“ oder „nicht Hit“ entschieden. Und gegen ein bisschen BITU-Gegröhle auf Highschool-Parties ist ja nichts einzuwenden, zumal wenn die Kids subkutan noch „das Kleingedruckte“ (hübsche Formulierung!) des Songs mitgeliefert kriegen.
Dass Reagan und die Seinen sich den Slogan dann ausborgten, dürfte auch Landau gehörig überrascht haben und entsprechend auf den Zeiger gegangen sein.

--

"Du nicht, Schickelgruber!" (Der Wendepunkt, Klaus Mann)