Re: The Arcade Fire 17.05.05 Köln

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nachtmahr

Registriert seit: 22.01.2005

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Eines gleich vorweg: Das Konzert war phantastisch…und fegte wie ein eklektisch-verschroben-genialer Orkan durch das Hamburger Knust, sodass man nicht selten dachte, der im phonetischen Sturm dröhnende Club würde dem verspielt-epiphanischen Druck nicht länger standhalten. Der kurzzeitige Ausfall der Lichtanlage war da eigentlich nur konsequent und irgendwie auch nicht wirklich verwunderlich.
Hyper-kreativ, sich der Historie bewusst und doch, betrachtet man vergleichsweise andere Combos, die momentan ihr Retro-Unwesen treiben, absolut einzigartig.
Diese momentane Einzigartigkeit sehe ich u.a. in der Vielfalt des Instrumentariums und den klassisch- bis folkigen (mediävalen) Einflüssen (die Geigen!).
So muss eine Rock-Band gerade heutzutage klingen.

Die hier bereits erwähnten theatralischen Live-Qualitäten von The Arcade Fire unterstreichen die Musik perfekt, ohne dabei in ein unnötig übertriebenes Pathos abzugleiten. Die Performance: ein Thema für sich.

Allein schon die Darbietung des etwas älteren Songs „No Cars Go“ (der bisher beste Arcade Fire-Song!?) war das Eintrittsgeld wert.

Wohl eine der vitalsten Konzert-Erfahrungen des Jahres.

Zu Final Fantasy:
Die atmosphärischen „sample peddle“-Übungen des Herrn Owen Pallett waren passende Einstimmung und haben außerordentlich gut gefallen.
Patrick Wolf ist eine (andere) Liga für sich; ich höre bei Pallett im Stil z.B. auch Parallelen zu John Cale heraus.
Mit den Kollegen Régine Chassagne und Richard Parry gab er übrigens dem Mariah Carey-Lied „Fantasy“ etwas – im weiteren Sinne – Talking Heads-Würde zurück, da die Dame in genanntem Stück schon den Tom Tom Club („Genius of Love“) bemühte.

Das Final Fantasy-Album „Has a Good Home“ klingt nach erstmaligem Durchlauf sehr viel versprechend.

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"Wenn man richtig liest, löst man einen innerlichen kreativen Prozess aus. Die meisten Leser inszenieren einen Film. Weswegen es überhaupt kein Wunder ist und mediengeschichtlich konsequent, dass der Roman des 18. und 19. Jahrhunderts in die Erzählkino-Kultur des 20. Jahrhunderts übergegangen ist." (Peter Sloterdijk)