Re: The Beatles – Rubber Soul

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realman

Registriert seit: 06.03.2004

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tops@ Amadeus

Ich kann nur für mich sprechen: selbstverständlich werden Beatles-Tracks nicht „strenger“ bewertet als die anderer Künstler. Die Phase der Adoleszenz, mein Sturm und Drang gewissermaßen, liegt ja nun schon ein paar Jährchen zurück. Immerhin war ich anfangs glühender Beatles-Fan. Poster an den Wänden, hundertmal hintereinander „From Me To You“, zehnmal „A Hard Day’s Night“ im Kino (kostete dreifünfzig mit Coke, war also sündhaft teuer), the works. Warum die Begeisterung dann im Laufe der Jahre 1965/66 merklich nachließ („Rubber Soul“ und „Revolver“ waren nur zwei von zahllosen Dämpfern) und ab 1967 schließlich ins Gegenteil umschlug, habe ich zigmal geschildert (u.a. im RS). Spätestens mit „Sgt.Pepper’s…“ hatte ich mit der Band abgeschlossen, hasste alles wofür sie standen und ihre musikalischen Albernheiten sowieso.
Vierzig Jahre später ist das alles noch sehr präsent (in der Erinnerung), färbt mein Urteilsvermögen aber, so bilde ich mir ein, nur noch marginal, wenn überhaupt. Im Gegenteil. Ich ertappe mich gelegentlich dabei, wie ich manchen Beatles-Aufnahmen einen kleinen Bonus einräume. „Rubber Soul“ und „Revolver“ habe ich zwar recht nüchtern gehört/bewertet, aber gewiss nicht ohne Sympathie. Für „Sgt.Pepper’s…“ kann ich mich dazu freilich nicht überwinden. Das Album hat keinerlei Song-Substanz, vieles darauf ist bodenlos dämlich. „Good Morning, Good Morning“ etwa. „Ist doch aber toll produziert“, wird hier gern eingewendet, „innovativ und so. Hat die Entwicklung der Popmusik beeinflußt“. Eben.
Kurzum, zu Deiner Frage: an einem Beatles-Bashing ist mir nicht gelegen. Wie auch? Besitze mehrere LPs und EPs von den Fabs sowie ein gutes Dutzend Singles. Die ich alle liebe. Deshalb wider besseres Wissen unter Ausschaltung meines musikalischen Gewissens in den Kanon der „Revolver“-Enthusiasten oder gar der „Sgt.Pepper’s…“-Apologeten einzustimmen, kommt natürlich nicht in Betracht. Wie derlei Abweichung vom Akklamationsjubel hier verstanden wird, ist schon klar. Wer „Nowhere Man“ (Sound vor Substanz) nur sehr nett findet, „disqualifiziert sich“ (so ein User irgendwo), will den Hl.Beatles gar ihren Heiligenschein rauben. Nun, wieder nur für mich gesprochen: die Aura der Unfehlbarkeit verloren sie bereits mit „Komm gib mir Deine Hand“, in der Ära nach „Help!“ waren die Beatles nur noch eine von hunderten Bands, die mal tolle Platten machten („We Can Work It Out“ * * * * *!), mal mäßige („Penny Lane“ * * *) und mal depperte („Hello Goodbye“ * 1/2). Immer auch eingedenk ihrer Hypothek als erfolgreichste, universalste, familientauglichste und verklärteste Band ihrer Zeit. Der ich nicht nachsehe, daß sie Kitsch und Kindergarten hoffähig machte. Der ich aber, post-adoleszent, jederzeit zugestehe, daß sie fabulöse, ja fantastische Musik gemacht hat. Auf „Rubber Soul“ und „Revolver“ halt nur ausnahmsweise.

Hmm, so sehr ich Deine Ausführungen auch nachvollziehen kann, beschleicht mich dennoch das Gefühl, dass Du des öfteren mit zweierlei Maß misst. Oder genauer gesagt, dass Du an Deine Lieblingskünstler weitaus weniger strenge Maßstäbe ansetzt, als an andere Musiker.

Es erscheint mir sonst schleierhaft wie man eine so tollen und außergewöhnlichen Track wie Penny Lane mit mageren *** bewerten kann oder Hello Goodbye mal locker mit der Höchststrafe abwatscht, im Gegenzug aber selbst die banalsten Stones Singles auf **** Sterne pusht.
Beispielsweise den öden 08/15 Stadionklopper „You got me rocking“ oder „Streets of Love“.
Und selbst ein so unfassbar mäßiges Album wie Dirty Work kriegt immer noch einen ganzen Stern mehr als Abbey Road. Komm schon, das ist doch arg voreingenommen.

Na ja, außerdem erwähnst Du, wie sehr es Dich getroffen hat, als Du zum ersten Mal „Komm gib mir Deine Hand“ hören musstest. Nachvollziehbar, von mir aus.
Aber auch einige deiner Lieblinge, wie die Beach Boys und insbesondere Elvis, haben sich ebenfalls zu solchen Albernheiten hinreißen lassen, ohne dass Du es ihnen nachträgst.

Nun ja, lange Rede kurzer Sinn. Was ich damit sagen wollte ist, dass Du zwar zum einen die Beatles als verklärteste Band ihrer Zeit bezeichnest, Du selbst aber ebenso den Hang erkennen lässt, dass Schaffen Deiner Lieblingskünstler in einem milderen Lichte zu bewerten.
Falls ich mich täusche tuts mir natürlich leid.

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