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So, bis ich mit irgendwelchen Empfehlungen oder Sim-Besprechungen anrücke, fahre ich mal im gewohnten Trott weiter. Letztes Mal erwähnte ich Judd Dredd? Hier ist eine Geschichte aus Megacity One:
John Wagner/Colin MacNeil – America
Oft genug treten ja in Superhelden-Geschichten zwei Helden gegeneinander an, Superman gegen Batman etc., meistens weil einer der beiden in Wirklichkeit ein anderer ist/sein Gehirn geklaut wurde/er groben Falschinformationen aufsass. Aber was ist mit den Autoren? In „Amerika“ traut sich Wagner meiner Meinung nach an den bereits empfohlenen Giganten Alan Moore ran.
Hintergrund: Anfang der 80er veröffentlichte Moore sein „V for Vendetta“, eine Geschichte, die in einem sich aus dem Thatcher-England weiterentwickelten faschistischem Staat spielte. Eine Art futuristischer Guy Fawkes greift diesen Staat mit Bomben an und was der radikale Moore sagt, ist klar (bitte alle lesen und nicht nur den Film mit der kahlen Natalie Portman sehen – besonders die Einleitung zum Sammel-TPB ist cool): Bomben gegen das konservative Lager gehen in Ordnung.
Wagner erzählt eine andere Geschichte, die allerdings vor einem ähnlichen Hintergrund spielt: dem Dredd-Universum. Nach einem Atomkrieg ist die Welt kaputt und die Überlebenden leben in großen Glaskuppeln, wo sie anscheinend langsam verrückt werden. Die „Judges“ passen auf sie auf: Polizist, Richter und Henker in einem und Dredd ist ihr bester. Natürlich ist das eine schwarze Parodie auf amerikanische, rechte Ordnungsvorstellungen (die Amis verstanden Dredd nie und machten einen Film mit Stallone). In „Amerika“ taucht Dredd auf, ist aber eher Seitenfigur, Plotelement. Es geht um Bennet Beeny, Pop-Sänger, erfolgreich in der Kuppel Megacity One, angepasst, eine Stütze des Systems. Da trifft er seine Jugendfreundin America, die, so stellt sich heraus, im Untergrund tätig ist. Und Bennett wird in ein Attentat verwickelt…
MacNeil malt in farbigen, strichlose Bildern, sehr elaboriert, der typische 200AD-Stil ist da nicht mehr zu sehen und das passt zur Story. Am Ende triumphieren zwar die Richter, aber auch der Terrorakt an sich hinterließ nur Schaden. Und vielleicht ist die Tatsache das man seine Menschlichkeit behalten hat, dass man das Erbe von America (auf sehr verblüffende Weise) weiterführt ja der eigentliche Sieg. Lame ass? Vielleicht, aber menschlich. Moore:Wagner, 1:1.
Ich habe America auf deutsch von Bastei, „Tochter der Freiheit“, und es enthält die hier besprochene Geschichte, auf englisch gibt dasselbe in zwei dünnen Heften von Fleetway (habe ich nach größerer Grabungsaktion bei mir auch gefunden). Anscheinend gibt es noch mehr America-Geschichten (gesehen: „The Complete America“), die kenne ich aber nicht.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.