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01. The Changingman *****
Perfekt. Eine packende Komposition, ein überzeugender, durchaus selbstkritischer aber immer stolz bleibender Text. Arrangement und Produktion ebenso perfekt. Fantastische Snare-Paradiddles von Whitey, stilsichere Gitarren von Weller selbst, plonkiger Bass von Dr. Robert und Brendan Lynch haut ein paar seiner Trademark-Samples mit rein. Besser geht’s nicht. Hier auch noch etwas langsamer als später live und auch weniger bratzig, was dem Song zugute kommt.
02. Porcelain Gods *****
Habe mittlerweile auch den fehlenden halben Stern nach oben ergänzt. Das ist einfach eine tolle Nummer, fast alles, was ich eben zu Changingman geschrieben habe, kann man hier auch wieder finden. Viel Dynamik in dieser ausladenen Studioversion, die die Kraft und Spannung eines Livejams hat. Was man hier auch hören kann, ist wie sehr Weller damals Steve Marriot gehuldigt hat. So viele seiner Phrasierungen auf Stanley Road und Wild Wood sind ganz nah bei dem legendären Small Faces-Sänger.
03. I Walk on Gilded Splinters ****1/2
Hier und auch live damals oft im Verbund mit Porcelain Gods, was mich damals nicht nur gefreut hat – mit den beiden Nummern waren immer 12-15 Minuten des Sets belegt, und damals hätte ich in der Zeit lieber 5 Dreiminüter gehört. Trotzdem stark, ohne Frage. Whitey glänzt wieder aber auch Paul und erstmals bei ihm Noel Gallagher an den Gitarren machen alles richtig. Und Brendan Lynch prodziert das Ganze mit seinen coolen Tricks, die hier immer noch voll zünden.
04. You Do Something to Me *****
Das Lied habe ich das erste Mal gesehen/gehört bei MTV Live – wo die Essenz dessen lief, was denn später auf der Live Wood-VHS auf den Markt kam. Ich glaube es war Wolverhampton 1994. You do something to me war dann auf der Live Videokasette nicht enthalten, aber ich hatte das MTV-Special ja aufgenommen! Damals vermutete ich, dass das eine Coverversion sein musste, ich dachte einfach nicht, dass Weller MTV eine Liveversion eines unveröffentlichten Songs von einem solchen Kaliber überlässt. Damals noch mit Cradock an der akkustischen Gitarre. Hier spielt Paul die elektrische selbst. Immer noch eine absolute Hammer-Ballade.
05. Woodcutter’s Son ****1/2
Hier ist es eher der Humble-Pie-Marriot, der Pate stand. Wenn man einen Drummer wie Steve White hat, der bei einer solchen Nummer halt nicht treibt, sondern ganz cool bleibt, dann ist so ein Bo-Diddley-Beat halt auch unschlagbar cool. Außerdem ist da noch ein Gast namens Steve Winwood, der Piano und Orgel spielt. Und auch Roadie David Liddle veredelte den Song mit ein paar Slidelicks.
06. Time Passes ****
Das ist immer noch eine sehr gute Nummer, aber auf einem *****er Album halt eine der in der „schwächeren“ Hälfte. Auf manch anderen Weller-Alben wäre es eine der besseren Nummern gewesen.
07. Stanley Road ****1/2
Der Titeltrack wird von Wellers Piano getragen und maschiert vor sich hin ohne zu hetzen, auch wieder ein Verdienst der von der Live Wood-Tour bestens einspielten Rhythmusgruppe aus Steve White und Yolanda Charles. Dass streng genommen auch diese Nummer zu der „schwächeren Hälfte“ der Platte gehört, ist ihr nicht anzukreiden, das ist das Verdienst der schlichtweg noch besseren Songs auf diesem Album.
08. Broken Stones ****1/2
Von den Singles, die aus dem Album veröffentlicht wurden, der schwächste Track, aber auch das ist natürlich relativ, für sich genommen ist das eine tolle Nummer, bei der sich mir nur, vor allem live, eine gewisse Sättigung eingestellt hat. Den Song muss ich nicht mehr live hören, ich habe ihn ein gefühltes duzend Mal erleben dürfen, das reicht.
09. Out of the Sinking *****
Den Song dagegen hätte ich gern auf jedem Weller-Gig, gerade auch die entspanntere Version, die er auf der 2014er Tour gespielt hat, hat mich total begeistert. Vielleicht die beste Nummer von dem Album. Auch schon früh 1994 ins Liveset gekommen durfte ich ihn auch schon auf der Live Wood-Tour erstmals hören, als er noch völlig unbekannt war. Hier singt Carleen Anderson noch mit und es ist wirklich fast wie damals Steve Marriot und P.P. Arnold bei Tin Soldier.
10. Pink on White Walls *****
Und diesen Song habe ich noch nie live gehört, obwohl er schon auf zwei Gigs, auf denen ich war, auf der Setlist stand. Aber Weller hat sich dann im Moment dagegen entschieden. Wie so oft, denn diese Nummer spielt er nur ganz selten. Auf den ersten Blick ist der Song auch etwas unscheinbar, aber ich halte ihn für einen seiner damals häufiger geschaffenen 2:30-Klassiker. In den zweieinhalb Minuten ist alles, was einen guten Song ausmacht und keine einzige Note zuviel. Dieses „auf den Punkt kommen“ ist etwas, was vielen Songwritern nie so gelingen wird, auch wenn sie ihre eigenen Fähigkeiten haben. Weller kann in zweieinhalb Minuten verdammt gut auf den Punkt kommen wenn er will!
11. Whirlpool’s End *****
Und gleich die Antithese zu dem „in-zweieinhalb-Minuten-auf-den-Punkt-kommen“: Whirlpool’s End ist eine seiner besten ausladenen Nummern, der perfekte Song um ein Set zu beenden und gerade in dieser Funktion war der Song auch auf vielen Touren zu hören. Hier kann er durch die Komposition wunderbare psychedelisch angehauchte Gitarrenlicks spielen, die alle laut „1966!“ schreien, jammen, dynamisch werden und/oder sich die Seele aus dem Leib singen. Ein Erlebnis, jedesmal!
12. Wings of Speed ***1/2
Und obwohl mit Whirpools End eigentlich das perfekte Ende des Albums war, kommt noch ein Song hinterher. Ähnlich wie auf Wild Wood, wo Shadow of the sun eigentlich auch der Abschluss hätte sein müssen, gibt es noch eine Ballade hinterher. Nur ist Wings of speed nicht so gut wie Moons on your pyjamas und leider mit respektablen ***1/2 der schwächste Track des Albums, den hätte er gut als B-Seite lassen können und Stanley Road wäre ein echter Konkurrent für Wild Wood und sein Solodebüt geworden.
Es sind *****, denn das Album ist grandios, auch wenn das arithmetische Mittel der Songs das nicht hergibt. Aber manchmal ist das Ganze halt größer als die Summe der Teile.
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Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Blue