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Die „grandiose Tuntigkeit“, mit der Wigger die Platte umreisst, führt auf eine falsche Fährte und wäre als Beschreibung eher auf Rufus Wainwright anwendbar.’Schwere innere Blutungen‘ fände ich da schon passender. Das sind die Äußerungen eines Sehnsüchtigen. Ungekünstelt und unverstellt.
Antonys Gesang klingt wie Soul-Gesang mit Vibrato. Wenn man sich darauf einlässt klingt sie nach kurzem sehr vertraut. Auch wenn es sich vielleicht seltsam anhört, aber in einigen Passagen fiel mir Terry Callier als stimmliches Äquivalent ein. In „Fistful Of Love“ wird es dann mit den Bäsersätzen auch musikalisch sehr soulig.
Das Einnehmende der Platte besteht daran, dass ein Mensch mit überschäumenden Gefühlen das Fenster öffnet und uns in seine Seele schauen lässt. Soweit ich die Texte verstanden habe (sie sind im Booklet nicht mit abgedruckt), werden in den langsamen, piano-getragenen Balladen Themen wie Sehsucht, Liebesverlangen und Identitätskrisen verhandelt. In seiner Unmittelbarkeit wirkt das z.B. wie Daniel Johnston, nur romantischer, musikalischer und weniger krank.
Die prominenten Gastauftritte sind gut gesetzt, es hätte derer aber auch nicht unbedingt bedarft: Boy George hätte ich nicht erkannt, wenn es nicht auf dem Cover gestanden hätte. Rufus singt ein kurzes, aber wunderschönes Stück ganz allein. Devendra Banhart quäkt am Anfang von „Spiralling“ ein paar Zeilen und ist für mich weitaus gewöhnungsbedürftiger als Antony auf der ganzen Plattenlänge.
Ganz großartige und herausragende Platte.
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Wake up! It`s t-shirt weather.