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bullschuetz

Registriert seit: 16.12.2008

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nail75Das Ziel muss aus meiner Sicht darin bestehen, einen möglichst sozial ausgewogenen und nachhaltigen Kapitalismus zu schaffen.

Mit Verlaub, das scheint mir ein Widerspruch in sich – eine ähnlich schöne Utopie wie die „Kommunismus ist eine gute Idee, es hat bloß bisher nicht geklappt“-Phrase.

Über die Abgründe des Stalin- oder Mao-Kommunismus müssen wir wirklich nicht diskutieren, kein vernünftiger Mensch darf bezweifeln, dass es sich da um mörderische Moralkatastrophen eopochalen Maßstabes handelte.

Ich glaube allerdings, dass auch der Kapitalismus in mörderische Moralkatastrophen führt, wann immer man ihn nicht mit ziemlich heftiger staatlicher Eingriffsgewalt zähmt. Das sozial Ausgewogene und Nachhaltige ist ihm nicht wesensgemäß. Der Kapitalismus ist sicherlich hochgradig dynamisch, man mag ihm auch mit Schumpeter die Kraft der schöpferischen Zerstörung bescheinigen, und insofern hat er sicherlich allerhand für sich, indem er Innovationen voranbringt etc pp – aber „sozial ausgewogener Kapitalismus“? Da denke ich doch sehr an die geometrische Figur namens Viereckiger Kreis.

Dass der Kapitalismus eigentlich doch im Grunde recht sozialverträglich ist, können wir aus unserer privilegierten Position in Deutschland zwar recht leicht sagen – aber dürfen wir diese unsere lokale Teilwahrheit mit der globalen Wahrheit verwechseln? Und im Grunde ist doch selbst in Deutschland die sogenannte soziale Marktwirtschaft ein recht fragiles Gebilde, das seine Glanzzeiten nur feiern konnte, als dieses Modell als propagandistischer Gegenentwurf in der Systemauseinandersetzung mit dem Ostblock gute Dienste tat.

Zusammengefasst: Genau wie Du will ich natürlich nicht unter Stalin, Mao oder Kim leben – aber im Gegensatz zu Dir finde ich nicht, dass sich daraus ergibt, die freie Marktwirtschaft als die beste aller denkbaren Welten anerkennen zu müssen, die bloß ein paar kosmetische Änderungen braucht.

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