Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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Faves #2


Julie Driscoll, Brian Auger & The Trinity: This Wheels on fire D-Polydor 1968

Wie habe ich sie geliebt als 14-,15-jähriger! Ihren Afrolook, ihre Stimme, die Coolness ihrer Musik. Da waren keine vordergründigen Emotionen in der Musik, da war kein Getue, da war keine Anbiederung, da war keine billige, musikalische Anmache, wie das bei den poppigen Überbleibseln der ´67er Psych-Welle oder bald bei Hardrockern a la Deep Purple oder Sabbath der Fall sein sollte, nein, der Song war im Frühjahr 68 pure Power für mich.
Hinzu kam, dass einer der für mich damals noch ganz geheimnisvollen Großen die A-Seite geschrieben hatte. Lange bevor ich auch nur einen Song von ihm selbst gehört habe, kannte ich viele Coverversionen seiner Songs. Ich liebte ihn, ohne ihn wirklich zu kennen. Platten kaufen konnte ich mir mangels Geld nicht und im Radio hatte ich zu jener Zeit noch keinen einzigen Originalton von Dylan hören, geschweige denn auf meinem Tonbandgerät mitschneiden können.
This Wheel´s On Fire jedenfalls war definitiv großartig und ist es auch heute noch. Die fließend, gleißenden Sounds von Orgel und Gitarre, die Vocal-Verfremdungen. Das alles passt perfekt zu diesem seltsamen Song von Dylan, der irgendwo etwas Wahnsinniges hat. Es gibt wohl keine bessere Version von diesem Song, andere auf ihre Art ebenso stimmige wohl noch, aber bessere kaum. Driscoll und Auger arbeiteten schon einige Zeit zusammen, ehe sie mit dieser Platte wenigstens einen kleinen Charts-Erfolg verbuchen konnten.
A Kind of Love In ist dagegen ein etwas überproduzierter Pop-Song, der es gut und gern zu Charts-Ehren hätte bringen können, wäre er etwas weniger konsequent in der Ausführung seiner Ideen gewesen. Beinahe dem kompletten Song ist jenes kleine rhythmische Motiv unterlegt, das der Sendung „heute“ des ZDF seit Jahrzehnten (?) als Intro dient. Ach, daher kommt das!!!


Outsiders: Touch / Ballad Of John B. NL-Relax 1966

Eine Beatband, ohne eine The-Band zu sein! Dazu noch kam sie aus den Niederlanden.
Von dort kam damals sehr viel Gutes, irgendwie hatten die Holländer zumindest eine Zeitlang ein ausgesprochen guten Geschmack. Als dann aber die George Bakers, Earrings, Tee Sets und Shocking Blues den breiten Markt entdeckt hatten, war wohl kein Halten mehr. Und seitdem ist doch im Großen und Ganzen ziemliche Stille im Land der Tulpen oder sehe ich das falsch?
Na, jedenfalls gab es in Holland Mitte der 60s eine Vielzahl von guten Bands, wovon die Outsiders nach Meinung vieler die beste waren. Für R. Unterberger waren gar sie die beste Band außerhalb der englischsprachigen Welt. Ich kann es nicht ganz beurteilen, aber ich habe fast alle Singles von ihnen und sie sind alle toll. Diese erst recht.
Das in meinen Ohren Besondere an den Outsiders ist, dass sie ihren eigenen originären Stil entwickelt hatten, irgendwo angesiedelt zwischen Pretty Things und Byrds, Yardbirds und Love. Und Touch ist im Grunde eine der besten US-Garage-Punk-Scheiben, die je produziert worden sind. Ein ganz einfacher Songaufbau, an eigentümlicher Coolness kaum zu überbieten. Überhaupt keine vordergründige Melodie, einen fast Bo Diddleyschen-Rhythmus im Hintergrund, viel Sprechgesang von Wally Tax, der auch vom Timbre und der Artikulation her recht amerikanisch klingt, dann aber auch in der Mitte und am Ende ein zartes melodisches Break, bei dem man dahinschmilzt.
Auf der Flipside ein mehr als fünfminütiger Sprechgesang, ebenso lässig und dennoch mitreißend gemacht.
Alles in allem ein Juwel!! Und derzeit wohl auch nicht mehr ganz billig auf dem Markt!
Apropos: Die Sache mit den Preisen ist ansonsten gar nicht so wild. Einige wenige sind sehr teuer. Manches Gute ist teuer und ganz viel Lohnendes und zu Entdeckendes ist durchaus bezahlbar, d.h. zwischen 3 und 8 Euro bei Ebay und anderswo! Also nur Mut Leute!


Brenda Lee: Sweet Nothin´s / Baby Face D-Brunswick 1960

Wer weiß, versteht es, was der Liebste der kleinen Brenda da zu Beginn ins Ohr flüstert?
Ich kann es heute Abend hier nicht so laut stellen, dass ich´s rausbekommen könnte. Bitte also Aufklärung darüber, was diese Sweet Nothin´s denn sind! ;)
1 Meter 50 war sie groß und 16 Jahre alt, als die Platte auf den Markt kam und sie damit einen Riesenhit verbuchte. Der Beginn einer Karriere, die noch ein paar feine Platten, dann aber wohl auch ziemlich viel Fragwürdiges aufzuweisen hatte. Sie hat auch so einige Sachen auf deutsch gesungen.
Aber hier sind´s die Sweet Nothin´s und die haben es in sich. Toll, wie die Kleine zu Beginn einer Zeile immer mit einer lauten, etwas kratzenden Stimme ansetzt wie eine giftig fauchende Katze, um kurz danach dann das schnurrende Kätzchen zu geben. Ganz einfach gemacht, dennoch nicht dumm und jedes Mal wieder gut. Das Mädel hatte es drauf. Es ist nichts Ernstes, aber es ist toll gemachter Pop.
Auch die Rückseite ist durchaus anhörbar. Ein flottes Stückchen sax-betonter Highschool-Musik aus einer Zeit, als es den Rock nicht mehr und den Beat noch nicht gab.

Apropos Erhaltung: Meine Brenda-Brunswick ist wie neu. Und es ist wirklich etwas ganz Wunderschönes, eine so alte Platte in den Händen zu haben, die so toll aussieht. Label, Schrift, Glanz, alles wie am ersten Tag. Selbst, wenn sie eine/n Vorbesitzer/in hatte (sie könnte ja auch alte Lagerware sein), wurde pfleglichst mit ihr umgegangen. Wenn man dagegen andere Scheiben sieht, kann´s einem weh in der Seele tun!!

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