Re: The Rolling Stones – Their Satanic Majesties Request

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daniel_belsazar

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Jan Wö@ Daniel_B:
Wenn Time waits for no one (wunderbarer Song) für Dich Psychedelic ist, dann haben wir eine komplett andere Definition von dem Begriff und dann kann natürlich auch das Weiße Album in Deine Kategorie fallen.

Ich habe nicht gesagt, dass es „Psychedelic“ ist (was es natürlich nicht ist, sondern tatsächlich weit entfernt davon), sondern eine psychedelische Dimension besitzt – ein zugegeben kleiner, aber feiner Unterschied. Aber immerhin stimmen wir überein, dass es ein wunderbares Stück ist, das ist doch auch was.

Allerdings glaube ich auch, dass wir ein gänzlich abweichendes Verständnis von Psychedelic als Musik- oder allgemeiner Stilrichtung haben.

Das von Clau finde ich auf jeden Fall nicht hinreichend: „Und dann war alles irgendwie psychedelisch.“ Nee, das war es nicht „irgendwie“, sondern mit bestimmten Hintergründen, Motiven und Methoden. Dass diese sich insbesondere im Summer of Love 1967 häufig in Blümchen, bunten Kleidern, sanfter Klingelmusik und Ringelreihen – aber auch da schon auch in ganz anderen Dingen – ausdrückten, reicht schon zur Beschreibung nicht aus, geschweige denn zu irgendeiner Art Analyse. Dann wäre auch Scott McKenzie „irgendwie“ Psychedelic, und das war er definitiv nicht, sondern eher das Gegenteil.

In meinem Verständnis wurde psychedelische Musik ab ca. 1966 bis 1969, teils bis 1970 gemacht. Spätestens dann setzten sich einzelne Stile voneinander so deutlich ab, dass man nicht mehr von einer Klammer sprechen kann. (Die Klammer hat natürlich etwas mit stärkeren halluzinogenen Drogen zu tun – ein Joint reicht da nicht aus. Es macht in diesem Zusammenhang keinen Sinn, das zu leugnen oder als Faktor zu ignorieren. Das gehört zu Psychedelic wie Ecstasy zu Rave und Techno).

Die Schublade Psychedelic = 1966/67 teile ich nicht, und ich halte sie auch nicht für sehr sinnvoll, da sie den Realitäten nicht gerecht wird. Insbesondere LSD wurde wirklich massenhaft und mit entsprechender Breitenwirkung auf allen Ebenen – Kulturproduzenten und Rezipienten – frühestens ab 1968 verbreitet. Aber diese Diskussion sollten wir hier nicht führen.

Jan WöDas originale Artwork der Doppel-LP habe ich und ich finde auch das Collagen-Poster nicht psychedelisch.

Ich bleibe natürlich dabei: Das „White Album“ ist ein zuftiefst psychedelisches Album, vom ersten bis zum letzten Ton. Und warum du in dem Coverwork keinerlei Psychedelic erkennen kannst, ist mir schlicht ein Rätsel. Hast Du selber entsprechende Erfahrungen? Are you experienced und siehst es nicht?

Edit 29.11.: Das Rätsel hat sich für mich gelöst. Ich habe ein falsches Poster mit dem Weißen Album in Verbindung gebracht, weil einer meiner älteren Brüder das damals, also 1968, im Zusammenhang damit an der Wand hatte. Es stammt aber, das habe ich mittlerweile nachgeschaut, von Richard Avedon und tatsächlich aus dem Jahr 1967. Die Postercollage aus Fotos – um das ich mich später wenig gekümmert habe -, da hast Du recht, hat nicht viel mit Psychedelic zu tun. Dafür die Musik weiterhin um so mehr, da bleibe ich bei.

Zurück zum Thread:

Their Satanic Majesties Request ist vom psychedelischen Standpunkt einfach nur albern – finde ich. Prince Jones machte da wohl eher wenig Musik, sondern „movte durch die crowd“ in Monterey, völlig weggetreten selbstredend. Watts trommelte halt, so wie er immer trommelt, egal was da kommt. Wyman hat sicher gedacht, „Oh, Klasse, LSD eine neue Sex-Droge, macht die Mädels geschmeidig“, Richards ist sowieso eher eine harter Knochen und mental unberührbar („Was soll der Scheiß?- Na gut, ich mach´s, Mick zuliebe“) und Jagger hat wie immer versucht, auf fahrende Züge zu springen. Die Guru-Rolle stand ihm aber nicht wirklich gut, das hat er, glaube ich, auch schnell erkannt.

Und genau so halbherzig, unausgereift und unecht klingt das Ganze. T.w.i.m.c.

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