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j.w.Ein Grund war sicher, dass ich damals (und auch noch heute!) von vielen zu hören bekam, dass Some Girls um so vieles besser sei als Emotional Rescue. Und diesen großen Abstand habe ich damals noch viel weniger gesehen als heute. Damals habe ich auch glatt ER mal vor SG gerankt, was aber auch ein bisschen Trotz war. Ich mag Emotional Rescue nach wie noch gern, aber ich streite nicht mehr ab, dass Some Girls insgesamt doch noch besser geraten ist. Also ich habe SG vielleicht etwas schlechter gemacht als es ist um ER dagegen nicht so abfallen zu lassen.
Sehr ehrliche Antwort. Ich habe damals auch weniger Abstand gesehen zwischen den Alben. Vor ein paar Jahren, als ich mir mal eine CD von ER brennen ließ (LP hatte ich längst verkauft), um es nochmal zu testen, gefiel es mir dann überhaupt nicht mehr. Mal sehen, vielleicht finde ich nochmal irgendwo ein LP-Exemplar für wenig Geld und mache einen neuen Versuch. Some Girls dagegen habe ich nie verkauft.
j.w.… Aber ich behaupte, es hat nach Beggars Banquet (das ja noch teilweise mit Brian eingespielt wurde) noch eine weitere musikalische Entwicklung gegeben, die durch Mick Taylor und auch die Gäste Nicky Hopkins, Bobby Keys und Jim Price mit angestoßen wurden. Die Stones klangen Anfang der 70s schon ganz anders als 1968!
Das stimmt zweifellos für die musikalische Entwicklung. Sie spielten in der Zeit mit Taylor mit mehr E-Gitarren und hatten auch die Bläser und teils Streicher mit eingebaut. Ich bezog mich aber gar nicht auf die musikalische Entwicklung, sondern auf den Sound. Da klangen sie zwischen 1971-76 eher wie eine Band mit ’normalem‘ Line-Up (Drums, Bass, elektrische Rhythmus- und Leadgitarre, bei den ruhigeren Stücken auch mal mit Akustik-Gitarren) plus eben Bläser oder Streicher oder Keyboard/Klavier. Gut produziert, aber eben so, wie man eine Band mit diesem Line-Up damals so produzierte. Ich sehe da keine großen Unterschiede zum Sound von ähnlichen Bands aus der Zeit wie z.B. Little Feat. Was überhaupt nicht abwertend gemeint ist. Auf Beggars dagegen ist das Erstaunliche, dass selbst die Powerstücke großenteils von Akustik-Instrumenten geprägt sind, die so dicht zusammengedrängt sind, dass sie als Gesamtheit eine starke perkussive Wucht haben. „Street Fighting Man“ ist sehr kraftvoll und ist doch ausschließlich auf Akustik-Instrumenten aufgebaut (Ausnahme E-Bass), das muss man sich mal bewusst machen. So hat damals niemand sonst produziert. Alle wurden entweder immer nur elektrischer, breitwandiger oder Back-To-The-Roots-mäßig folkiger – jedenfalls immer mit dem Bestreben, nach bestem Stand der Technik besser zu klingen, soweit das Studio es eben hergab. Die Stones gingen da einen ganz eigenen Weg mithilfe von Jimmy Miller und Richards Cassettenrekorder. Sie machten den Sound – studiotechnisch betrachtet – schlechter statt besser! Und das aus einer bewussten künstlerischen Entscheidung heraus. Und dann entschieden sie sich sogar dafür, großenteils ein Instrumentarium zu wählen, das per se leiser und ‚unrockiger‘ ist, um darauf trotzdem mitreißende, treibende Musik zu spielen. Das ist für mich eine ihrer Riesenleistungen auf Beggars Banquet.