Re: Ryan Adams – Gold

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sokrates
Bound By Beauty

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tina toledoinsgesamt: ****1/2 (bin auch der Meinung, dass das Album zu lang ist, und zudem überproduziert, das kostet es insgesamt, trotz überragender Songs, einen halben Stern…)

Liebe Tina,

ich meine auch, dass es einige Songs in der Mitte des Albums nicht unbedingt gebraucht hätte.

Was ich nicht verstehe, ist der Vorwurf, die Platte sei überproduziert.

Ich kenne den Begriff im Zusammenhang mit Alben, auf denen der Künstler die Arrangements überladen hat – zuviele Instrumente, zuviele Spuren, zuviele Effekte. Typische Vertreter etwa Mariah Carey, Michael Jackson, 95% aller Rapper. Wird oft angewendet, um den Mangel an kompositorischer Substanz zu verdecken.

„Gold“ ist in dem Zusammenhang eins der ökonomischsten Alben, das ich überhaupt kenne – da wird kaum ein Ton zuviel gespielt. Die meisten Songs tragen sich allein in der Basisbesetzung Gitarre, Bass, Schlagzeug und Gesang. Wenn Backgroundvocals und das eine oder andere weitere Instrument dazukommen, dann ganz gezielt und um den Song in seinem Charakter zu stützen bzw. hervorzuheben.

Was du evtl. meinst, weil ich das Argument hier im Forum schon öfter gehört habe: Die Platte ist ungemein sauber aufgenommen, was für manche Ohren künstlich klingt, weil es nicht der übliche Rockmatsch ist. Ich würde demgegenüber von naturalistisch sprechen: Von der originalgetreuen Wiedergabe der Instrumente und des Gesanges bis zur Raumstaffelung ist diese Produktion vorbildlich und von hervorragender Klangqualität. Es wurde auf jede Übertreibung bzw. künstliche wirkende Perfektion verzichtet – die Snare etwa klingt pappig und hätte bei vielen Produzenten mehr Ton bekommen: Ethan Johns hat im Sinne des Albumcharakters darauf verzichtet.

M.a.W. eine Platte, auf der nicht des Experimentes wegen experimentiert und der Sound verschandelt wurde, sondern eine, bei der genau überlegt wurde, was wie klingen soll – und das wurde in denkwürdiger technischer Qualität eingefangen. Eigentlich hat sie dafür einen halben Stern MEHR verdient – zumal wenn man an die Songs denkt (die wenigen unnötigen mal ausgenommen).

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„Weniger, aber besser.“ D. Rams