Re: Nick Drake – Five Leaves Left

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irrlicht
Nihil

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nikodemusIm Ernst: ich schätze deine Meinung, kann aber nicht ganz nachvollziehen, wo du so große Unterschiede zu den anderen unübertrefflichen Tracks hörst. Nicky singt verträumt und poetisch seine Zeilen über die vergebene Suche nach Liebe im Angesicht der fortlaufenden Zeit, die, mal schneller, dann stolpernd und langsamer durch die Untermalung von Danny Thompsons Bass und Richard Thompson wunderbar durch die Musik ausgedrückt wird. „Your tears they tell me// there’s really no way// of ending your troubles with things you can say”. Schluchz. Das ist das Gegenteil von druck- oder gar spannungslos: hier fließt nur nicht alles steil bergauf oder bergab, sondern mäandert subtil durch verschiedene Emotionsstufen wie der Hoffnung auf eine Zeit „when someday our ocean will find its shore“. Eines seiner schönsten Tracks und ein wunderbarer Einstieg.

Vielleicht war da meine Beschreibung etwas irreführend und überzogen, dennoch spüre ich bei „Time has told me“ bei weitem nicht diese Tiefe, wie sie in den folgenden Tracks transportiert wird. Der Opener wirkt unbekümmert und sehnsüchtig, ungleich trostspendender und dann doch mit so etwas wie Zuversicht versehen. Dass Drakes Musik auf lyrischer Sicht nochmal ganz anders zu vernehmen ist, ist mir durchaus bewusst (damit hat mich „Saturday sun“ kürzlich auch gekriegt…), daher bezogen sich die von Dir hervorgehobenen Adjektive auch mehr auf das, was abseits der Texte geboten ist. Und das überzeugt mich (bisweilen) vergleichsweise wenig (*** ist ja nun auch kein Verriss), „stolpernd“ trifft es eigentlich ganz gut. Schleppend, stolpernd, anstregend (echt!). Für mich bildet der Rest eine durchgängige Einheit (selbst der „positive“ Schunkler „Man in a shed“), alles perfekt aufeinander abgestimmt und mit einer ganz eigenen, düsteren, zeitlosen Dichte. Ein Plädoyer für die abgrundtiefe Verzweiflung muss nicht sein, aber „Time has told me“ ist wohl doch die Spaßbremse, die mir den Einstieg stets schwer macht. Ein Fremdkörper.

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Hold on Magnolia to that great highway moon