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01. He’s The Keeper ****
Als Leadsingle schwierig und soundmäßig ein Nachhall auf Heavy Soul. Auch wenn es Lane gewidmet ist, höre ich nur wenige Bezugspunkte zu dessen Solowerk. Ich mochte das Stück immer, beinhaltet es doch viele Weller 90s Trademarks u. Paul klingt einfühlsam und entschlossen zugleich. Als Opener für mich nicht deplatziert. Der Takt ist natürlich nicht catchy, eher uneben. Plonk would have loved it. Ich war begeistert es 2014 wieder live hören zu können.
02. Frightened ****
Typische Weller Ballade mit eher schwierigem, zurückhaltendem Refrain. Von Nick Drake Wizard Roland Kirby kongenial veredelt. Ohne Streicher wäre der Song nur die Hälfte wert, denn hier werden die Streichinstrumente aktiv zur Melodieführung eingesetzt ohne zu kleistern. Zeitlos schwebende Atmosphäre und ein nachdenklicher fast schon fatalistischer Weller: „I stand alone, so does everyone“. Als zweiter Song der Platte sicherlich etwas zu früh gesetzt. Uptempo wäre hier eher die typ. Wellerwahl gewesen. Auch ein Highlight des Albert Hall Konzerts.
03. Sweet Pea, My Sweet Pea ***
Die Zeit war gut zu dieser follow-up Single von „Keeper“. Fand ich es im Jahr 2000 nur furchtbar infantil und kitschig, sehe ich es heute eher als fluffig-weichen Versuch einen kleinen Hit zu landen, indem die Musik dann noch mit Liebe zu den eigenen Kindern garniert wird. Oi don’t hate it nor do I luv it thaaat much.
04. Back In The Fire ***1/2
Die Platte wird schwieriger. Klassiche Wellerakkorde aus der Frühphase, folky angehaucht und langsam sich dahinschleppend. Kein schlechter Song aber man hatte damals einfach noch mehr an dieser Stelle der Platte erwartet. Der grazile Refrain und dessen Bridge gefallen mir heute besser als damals. Schönes Outro und der beste in einer Reihe von 3 ähnlichen Stücken, die nun folgen sollten. Eine schöne, kräftigere Liveversion findet der Sammler auf der „Sweet Pea“ Single – da steckt noch mehr Weller drin.
05. A Whale’s Tale **1/2
Ähnlicher Song wie vorher, wieder nicht schlecht aber nicht an alte Großtaten anknüpfend. Verschlepptes Tempo begleitet einen durchschnittlichen Albumtrack – für Wellerverhältnisse.
06. Dust and Rocks **1/2
Dieser Song beschließt ein Trio von Stücken, die damals dazu führten, dass Weller auf mich etwas ideenlos wirkte. Ähnliches Tempo wie die beiden Vorgänger, mit old fashioned Keys und wieder keinem zwingend Refrain. Soulig u. folkig zwar aber nicht zwingend.
07. There’s No Drinking, After You’re Dead *1/2
Es folgt das für mich schwächste Stück der Platte. Die damaligen Jubelarien kann ich bis heute nicht verstehen. „Weller klingt auf einem Stück so energiegeladen wie zu The Jam Zeiten“. Und dann das? Ein endlos wiederholter 01815-Throwaway Riff (wie er sie bei WUTN wieder auspackte) wird nur von orientalischen Streicherreigen durchbrochen und die Reise geht ins Niemandsland. Man kann sagen: Ich mag das Stücke überhaupt nicht. Auch auf der Akustiktour kein Bringer.
08. With Time And Temperance *****
Vom Tal auf den Berg. Weller macht alles richtig und Kirby hebt das Stück in den Modfather-Olymp. Bekomme heute noch Gänsehaut beim Hören. Ein Break, der 100% Weller ist, mit Glockenspiel und danach der Aufstieg zu souligen Höhen. Ein grandioses Manifest nach dem Millenium und das beste Stück dieser durchwachsenen Platte.
09. Picking Up Sticks ****1/2
Klingt nach „Stanley Road“ mit Orgel und Whitey spielt sein ganzes Jazz-Können aus. Ein klassisches Weller 90s Stück mit tollen Tempiwechsel und feiner Dynamik. Ich mag das Stück bis heute und es ist nur leicht schwächer als die beiden anderen Lieblingsstücke dieser Scheibe. Was gäbe ich darum, wenn er heute noch so musizieren würde.
10. Love-Less *****
„Gotta need to be loved, I want to be loved“. Weller holt weit aus. Ausladende Streicherarrangements umgarnen eine schwindelerregende Komposition, die am Ende in zeitloser Schönheit detoniert. Wie aus Raum und Zeit gefallen. Kirby hat auf dieser Platte wirklich tolle Akzente gesetzt und dieser hier ist das Grande Finale. Ganz vorne bei den besten Weller Stücken, für mich.
Im Jahr 2000 war man nach 4 tollen Soloplatten in nur 8 Jahren etwas verwöhnt von Weller und hatte als Fan so seine Probleme mit diesem Gemischtwarenladen, der sich einen Dreck um musikalische Entwicklungen scherte und mit Kirby im zeitlosen orchestralen Pop der Spätsechziger badete. Ich sehe heute wie damals für mich ***1/2 weil die 3-4 grandiosen Stücke von sehr mittelmäßigen Albumtracks (gerade im Mittelteil) begleitet wurden und man erstmals den Eindruck hatte, dass der gute Mann, der Modernist, auf der Stelle trat und mit etlichen Versatzstücken aus den Neunzigern arbeitete. Ich mag die Platte trotzdem und hätte im Frühjahr 2014 um ein Haar einen Fuffi hingeblättert um in Stuttgart die LP-Version zu kaufen. Ich bereue es bis heute.
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"And everything I know is what I need to know and everything I do's been done before."