Re: Arten von Coverversionen

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mikko
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Moderator / Juontaja

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Wundert mich, dass noch niemand hier eingestiegen ist.

zu 1 und 1.1
In den 50er und 60er Jahren wurde in Deutschland vor allem aus drei Gründen gecovert.

a. Um eine deutschsprachige Version zu haben, die sich – so glaubte man wenigstens – besser verkaufen ließ (weil die Leute ja Englisch nicht verstanden). Dieser Grund trifft eigentlich bis heute in unterschiedlichem Maß zu. Kleine Anmerkung am Rande: bis in die frühen 70er Jahre verdienten die deutschen Texter kräftig an der GEMA auch des Originals mit. Diese absurde Regelung wurde wirklich erst um 1970 abgeschafft. Heute ist eine Übersetzung bzw. deutsche Coverversion sogar zustimmungspflichtig.
b. Billigfirmen wie Tempo und Europa ließen deutsche Bands möglichst bis ins Detail Original getreue Coverversionen aufnehmen, in der Hoffnung, am Erfolg des Originals mitzuverdienen und dieses womöglich gar durch günstigeren Preis auszustechen. Natürlich fielen nur Omas und Tanten und vielleicht ein paar noch sehr junge Fans darauf herein.
c. Da es bis ca. 1967/68 noch keine oder kaum Diskotheken gab, betätigten sich unzählige deutsche Bands als lebende Jukeboxes, die die Hits aus USA und UK möglichst echt zum Tanzen spielten.

zu 1.2
Roxy Musics „Jealous Guy“ war eine Hommage an John Lennon und erschien unmittelbar nach seiner Ermordung.
Auch solche Coverversionen wie „Freedom“ von Robbie Williams würde ich hier einordnen. Es geht darum, einen vermeintlich oder tatsächlich großen Song oder Songschreiber zu würdigen.

zu 1.3
Die für mich spannendsten Coverversionen sind die, welche eben nicht am Original kleben, sondern das Arrangement, den Stil des Originals vollkommen verändern.
Meist werden Songs derart adaptiert, dass sie zum eigenen Stil des Covernden passen.
Manchmal entsteht aber auch etwas vollkommen Neues. Da ist dann mitunter kaum noch zu erkennen, was das Original war. Und dabei wird die Melodie gar nicht verändert. Oft liefert nur der Text den entscheidenden Hinweis.
Klassische Beispiele sind:
„Satisfaction“ (Original: Stones) in Versionen von Devo, The Residents oder Cat Power
„Number Of The Beast“ (Original: Iron Maiden) von Zwan
„Holiday In Cambodia“ (Original: Dead Kennedys) von Nylon 66'ers
„Too Drunk To Fuck“ (Original: Dead Kennedys) von Nouvelle Vague
usw. usf.
Ich habe gerade eine CD mit solchen eher obskuren Coverversionen zusammengestellt. Wer Interesse hat schickt PN.

zu 2.
Ich bin kein großer Freund von Sampling. Muss aber zugeben, dass es einige bemerkenswerte Werke gibt, die genau darauf basieren. Letztlich gilt auch hier wie generell: ein guter Song funktioniert immer, in jeder Version. Und ein gut gesetzes Riff, Melodie-Element, etc. kann eine sonst eher bescheidene Komposition enorm aufwerten.
Rein rechtlich ist das Sampling übrigens nicht nur Covern sondern sogar mehr als das. Darum kostet es auch immer gleich einen schönen Batzen Geldes.

2.1
möchte ich noch ergänzen.
Bastard Pop – also das „in-einander-sampeln“ von zwei verschiedenen Songs – ist eine seit ca. 3-4 Jahren vor allem im UK gepflegte neue Variante.
Da trifft dann Beck auf AC/DC, Madonna auf Nirvana u.ä.
Diese Bastard Pop Singles sind in der Regel illegal hergestellt und nicht von den Urhebern oder Urheberrechtsgsellschaften sanktioniert.

Legale Varianten des Bastard Pop sind z.B.

„Freak Like Me“ von den Sugababes oder „Last Nite“ von Vitamin C,
in beiden Fällen wurde nicht gesampelt und am PC gebastelt, sondern neu aufgenommen.

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