Re: Top 100 Filme

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tolomoquinkolom

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gypsy tail windInteressant – ist das verbürgt mit „Thelma & Louise“? Der Vergleicht macht natürlich Sinn, aber weiss man, ob Scott den Film von Tanner gesehen hat?

Weder Scott noch seine Drehbuchautorin Khouri dürften sich in dieser Richtung geäußert haben. Die Ähnlichkeiten (teilweise sogar bis in die Dialoge hinein) sind allerdings recht deutlich und legen diesen Schluss nahe. Dass Scott sich zudem für europäisches Kino interessiert und dieses auch nach wie vor verfolgt, hat er einmal in einem Interview und rückblickend in Zusammenhang mit seinem Erstlingswerk THE DUELISTS erwähnt.

Ende der siebziger Jahre lebte der Regisseur in Großbritannien und könnte 1979 bei den Berliner Filmfestspielen den dort für den Goldenen Bären nominierten Tanner-Film MESSIDOR gesehen haben. Natürlich ließe sich auch darüber spekulieren, ob Tanner Malicks wunderbaren Film BADLANDS gesehen hat, bevor er seinen eigenen Film realisierte. Kino bezieht sich immer auch auf Kino. Neben THELMA & LOUISE kann daher im Zusammenhang mit MESSIDOR auch auf MORTELLE RANDONNEE (letztes Drittel), EASY RIDER, VANISHING POINT und natürlich auf BAISE MOI verwiesen werden. Alles Filme über die Grenzen individueller Freiheit und über Bewegungen im leeren Raum.

Und zum Beton etc… kennst du „Reisender Krieger“? Ich hab ihn neulich zweimal gesehen (den Director’s Cut von 2008, der im Januar und im April in Zürich gezeigt wurde) – hab das im „letzten Film“-Thread kurz erwähnt. Da ist das alles noch viel stärker umgesetzt mit der Kritik an der Zersiedelung, den toten Dörfern/Städten/Agglomerationen/Autobahnen… und der Film ist ein Feuerwerk an unglaublichen Ideen, Zufällen, Realsatiren… für mich wohl das Kino-Highlight dieses Jahres, ganz egal, was noch kommen wird!

Nein, REISENDER KRIEGER ist mir unbekannt. Meine Neugier ist nun allerdings geweckt. Der Film ist notiert.

Über Deine Zeilen zum Achtziger-Jahre-Touch von MESSIDOR habe ich nochmal nachgedacht. Vermutlich macht es einen Unterschied, ob man als Zeitzeuge diese Ära miterlebte oder dies eben nicht getan hat. Unabhängig davon erscheint die in MESSIDOR geäußerte Gesellschaftskritik sehr aktuell; insbesondere die Manipulation durch Medieninformationen und der damit einhergehenden Verzerrung von tatsächlichen Zusammenhängen. In Tanners Film macht eine Fernsehsendung aus Gesellschafts-Ausreisern Terroristen und aus dieser falschen, medienbedingten Interpretation entsteht gar erst die folgende, dramatische Eskalation in MESSIDOR.

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