Re: Die besten Blue Note Alben

#2246457  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 68,341

redbeansandricebei Reuben Wilson muss man sehr genau unterscheiden, aber Blue Mode und Love Bug sind große Klasse…

und ein großes Nein, nicht im geringsten, aber…!

was Green betrifft, so ist der genau wie Patton (ohne dass ich so eine Liste gemacht hätte) wohl schon einer meiner zwanzig Lieblingsmusiker… aber ich find beide sehr unterschiedlich… wenn man sich Greens Serie von Alben ansieht, dann kann man Alfred Lion und sein Produktionsteam auf so gut wie jedem dieser Alben herausfühlen (allein schon die Besetzungen, typische, grandiose Blue Note Besetzungen) – irgendwie scheint das für Green das richtige gewesen zu sein, der in erster Linie ein großartiger Solist war… bei Patton ist es ganz anders, das war mehr so ein Konzeptualist (wie Mingus…), BN haben das richtig gemacht und ihn fast immer mit working bands aufgenommen, Let ‚em Roll ist vielleicht das einzige ALbum, auf dem sich Lion wirklich bemerkbar gemacht hat, es werden Kompositionen von anderen BN Alben gespielt, ein Star des Labels, Hutcherson, ist mit von der Partie… fast alle späteren Patton Alben sind dann nicht mehr aus Lions BN Zeit und Wolff hat ihm freie Hand gelassen… deswegen steh ich dem Album ein kleines bißchen kritisch gegenüber ;-) ja,

und zur „Band“ Green/Patton/Dixon… ich liebe die Geschichten und alles, gelebte Coolness, für mich persönlich sehr wichtig… aber musikalisch bin ich von Green/Patton nicht so richtig überzeugt – also, sie wussten bestimmt was sie da taten… aber ich find Patton klingt erst auf den Alben ohne Green so richtig frei, ungebremst, was weiß ich, kann wirklich die Landschaften bauen, die er immer haben wollte… und auch bei Green find ich eindeutig die spätere Orgel-Band mit Larry Young und Elvin Jones besser… für sich ist Patton super aber zu Green ist er mir irgendwie nicht zupackend genug, da ist Young perfekt, zupackend ohne schnörkelig zu sein… andersherum, find ich zu Patton die späteren, etwas weniger eleganten (falsches Wort) Gitarristen besser, grad Blood Ulmer… (aber auch die Sachen ohne Gitarre…)

was jetzt Hutcherson betrifft… da muss ich zugeben, dass der in meiner Gunst etwas gesunken ist… ich glaube ich kannte zuerst die Sachen mit Dolphy, Iron Man, Out to Lunch… und Lasha/Simmons – Firebirds… auf diesen Sachen ist er echt unglaublich gut (also, wirklich wahnsinn)… ich hab dann immer mal wieder was von ihm rausgesucht… und klar, da sind ****-Sterne Alben zwischen wie San Francisco oder Happenings… aber insgesamt sind da auch genug Sachen irgendwie lahm, harmlos, so ein bißchen ohne Biss… Lieblingsvibraphonist – ja, sofort… aber ich ein bißchen meine Zweifel…

Interessante Bemerkungen, sowohl zu Patton/Green als auch zu Hutcherson!

Ich glaub mir gefällt die Willette/Green Kombination fast eine Spur besser, aber „Got a Good Thing Goin'“ und das Harold Vick-Album sind schon super – auch beide (ich pflichte Dir bei, also Deiner Bemerkung zum erstgenannten Album) nicht unbedingt Patton-Alben sind.

Wegen Hutcherson: zu seinen allerschönsten Aufnahmen zählen auch die Sessions mit Andrew Hill! „Point of Departure“ ist der offensichtliche Klassiker, aber „Judgement“ finde ich fast noch faszinierender!
Überhaupt finde ich interessant, dass Hutcherson auf Quartett-Alben mit Pianisten so toll ist, auch auf seinen eigenen beiden mit Herbie Hancock, „Happenings“ und „Oblique“ – beides hervorragende Alben!
Mein liebstes Hutcherson-Album ist aber glaub ich „Stick Up“, wo die Musik zwar weniger offen ist als auf „Oblique“, aber dafür eine Spur spannender, und Joe Henderson ist brilliant!
Der offensichtliche Klassiker von Hutcherson selbst wäre wohl „Dialogue“, ist aber eins der letzten seiner klassischen Blue Note Alben (die nicht-klassischen wären dann die vom Select, das ich noch nicht habe, sowie „Now“, „Head On“ etc), die ich gehört habe, und irgendwie kommt es für mich trotz der äusserst spannenden Band nicht ganz an die anderen heran. Dasselbe gilt letztlich auch für die Alben mit Harold Land – ich mag den frühen Land viel lieber, etwa auf „Study in Brown“ mit dem Max Roach/Clifford Brown Quintett – da hat er noch diesen leicht rauhen, grossen Ton, der sich auf die Hawkins-Schule zurückführen lässt. Danach war er ein Opfer des übermässigen Coltrane-Einflusses und verliert für mich irgendwie ein wenig…

Und als Fussnote zu Hutchersons grosser Zeit (die ja leider schon lange vorüber ist – symptomatisch war die All-Stars Tournee vor ca. 10 Jahren, als er mit Kenny Burrell, Hank Jones, Ray Brown und Mickey Roker den kurz zuvor verstorbenen Milt Jackson ersetzt hatte und mit grossem Abstand der langweiligste Musiker auf der Bühne war, zumindest beim Konzert in Zürich…) – also, die Fussnote: „Head On“, neulich in erweiterter Form in der Connoisseur Reihe rausgekommen – find ich ein ganz ganz tolles Album! Da kommen dann die Einflüsse von „Bitches Brew“ und so rein, Hutcherson macht damit total spannende Sachen!

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba