Sokrates1. Mag sein, dass es genug Altes zu entdecken gibt (ich bezweifele es – schließlich ist es alt). Aber ich würde vermuten, dass dieses Alte dann den Vorlieben der Vergangenheit ähnelt. Das ist übrigens auch der Fall, wenn man Neues verfolgt, und ich glaube, das Phänomen heißt persönlicher Stil oder Geschmack.
2. Jazzhörer halten sich gern für progressiv, pflegen aber doch einen recht ausgeprägten Konservatismus, der sich von dem der Rockfans nicht prinzipiell unterscheidet.
in gypsy Liste sehe ich jetzt aber schon eine gewisse stilistische Bandbreite, also, ist zwar beides Jazz, aber von Derek Bailey zu Jack Teagarden ist es am Ende wahrscheinlich weiter als von Neil Young zu Alan Parsons… (oder von Bailey zu Young, oder Teagarden zu Parsons). Ich glaub, du musst die Liste schon ziemlich genau studieren, um gypsys Geschmack differenzierter zu beschreiben als „da ist viel Jazz“, und ich glaub auch nicht, dass es so einfach geht…
was den „Konservatismus“ betrifft, so würd ich den für meinen Teil gar nicht bestreiten… also, natürlich bin ich der Meinung, dass Alben wie die Großtaten der 60er heute überwiegend nicht mehr entstehen – ich würd das jetzt aber keinem vorwerfen, oder den Leuten vorschreiben, dass sie jetzt bessere, oder andere, oder konservativere Musik machen sollen…
dass es da eine Parallele zwischen Jazz und Rock gibt, klar… aber Konservatismus hieße doch, dass man sagt, Arcade Fire klingen zu wenig nach Jimi Hendrix… und da liest man tendentiell das Gegenteil öfter, nämlich, dass es sich nicht lohnt, neues zu verfolgen, weil es alles wie die alten Sachen klingt
und nochmal zu der Sache mit der alten Musik und dem Geschmack: ich hör jetzt die letzten Wochen zum ersten Mal und fast ausschließlich Bach, Gordon Lightfoot und John Stewart, das sind jetzt alles keine Sachen, wo ich sagen würd, die gefallen mir vor allem so gut, weil sie so super ähnlich zu den Sachen sind, die ich schon kenne und schätze – auch wenn das teilweise sicherlich so ist… jedenfalls krieg ich mit diesen drei Ideen einen Haufen mir noch unbekannte Alben zusammen, die alle sehr gut bis fantastisch sind, mich wunderbar ein paar Wochen beschäftigen, und sicherlich besser sind, als das, was ich mir jetzt mit sehr viel mehr Mühe aus der Flut an aktuellen Neuerscheinungen zusammensuchen könnte…
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