Re: Haldern poppt!

#2244441  | PERMALINK

wowee-zowee

Registriert seit: 19.12.2003

Beiträge: 4,994

Endlich wieder Landluft spüren, eiskalt duschen, in Kuhmist watschen, und nachts keine Auge zu tun. Ich weiß nicht mal ob es positives gibt, um das Festival oberflächlich für Gut zu befinden – aber ich liebe es dort zu sein und hab mich riesig gefreut als ich die große Reiterwiese in Haldern zum zweiten Mal erblicken konnte, denn es ist die besondere, friedliche Atmosphäre und der sponsorlose Eigenaufbau, der dieses Festival so besonders macht.

Nach getaner Arbeit, in Sachen Zelt aufbauen, konnte ich mich erstmal auf das grundlegende eines jeden Festiavls stürzen – Ein kühles Bier. Es tat gut – unserer Zelte zu sehen, den großen, weitflächigen Platz den wir besetzt hatten – Schön.
Während ich mich (fast) als alter Festival-Hase bezeichnen kann, kamen am Abend mit Aimee und Frau Buschmann zwei „Amateure“ hinzu, die ihre Sache aber mit Bravour erledigt haben und am Ende sogar einen optisch besseren Eindruck als alle anderen hinterlassen konnten. Ich muss euch einfach ein Kompliment machen. :D.
Nach kurzer Nacht, was nicht gerade daran lag, dass ich nicht schlafen wollte, sondern eher daran, dass die Nachbarn einen Krach veranstalteten der seinesgleichen suchte, suchte ich die Duschen auf. Ich muss dazu sagen, das Haldern ein speziell für Masochisten ausgerichtetes Festival ist, welches Warmduscher in keinster Weise (nur zwischen 6.00-6.15 Uhr) duldet. Deswegen lag die Temperatur gefühlmäßig bei minus20 Grad, und ich war mir eigentluich sicher, dass irgendwo aus dem Duschkopf Eiszapfen kamen. Unter wildem Geschreie brachte ich meinen Duschgang zum Ende und versuchte dann in Ruhe mir die Zähne zu putzen, was aber auch nicht möglich war, da dutzende Leute um mich herum was von mir wollten – Zahnpaste, Duschgel, Shampoo – Es hätte mich nicht gewundert, wenn auch nach einer Unterhose gefragt worden wäre – Aber in solchen Fällen bin ich hilfsbereit und gefügig, denn „Meine Unterhose soll auch deine sein“, Wilkommen in Haldern – PEACE. Der postive Effekt der kalten Dusche, ist natürlich, dass jegliche Nicht-Geschlafen-Falten aus dem Gesicht verschwunden sind, und die Müdigkeit eine Pause macht.
Und wo startet man den Tag in Haldern? – Mit einem leckeren Frühstück im italienischen Eiscafe „Italia“. Geniessen sie ein ***** Open-Air-Frühstück, direkt an der örtlichen Shopping-Mall und Haupteinkaufsstrasse. :lol:
Allerdings kam ich mir dieses Jahr vor wie im Zoo. Wespen noch und nöcher ließen uns keinen Frieden und wir suchten einen Weg sie so menschlich und friedvoll wie möglich zu quälen. Tod durch Ersticken war das Urteil. Wenn die Kellnerin am Ende die Flaschen und Gläser nicht heruntergeschmissen hätte, wäre diese Gefangenschaft mit folgendem Ableben, sicherlich erfolgreich gewesen.

Aber was nerve ich mit privaten Details, die Musik ist doch wichtig und dazu will ich jetzt kommen.

Eingestiegen am Freitag bin ich mit der Band Ghinzu aus Belgien, die ich aber nicht wirklich ertragen konnte, da ein sehr proletenhaftes Verhalten mich nicht gerade begeisterte. Die Musik der Band ist mir entfallen.
Nicolai Dunger begeisterte mit ambitionierten Vocal-Einsatz und den Higlights seines neuen Albums. Allderdings war sein Auftritt sehr kurz, so das ein Auftauen meinerseits nicht zustande kam. Ein bisschen ärgert es mich schon, das er nachmittags gespielt hat – Seine Songs sind Weißheiten für die Nacht und laufen nicht so gut in der Nüchternheit des Tages.
I am Kloot betraten als nächstes die Bühne. Ich wollte mich eigentlich jetzt zurückhalten, aber was soll's – Der Sänger ist ein Riesen-Arschloch, und da können sie noch so melancholische Musik und Texte schreiben – Bei so einem arroganten Penner interessiert es mich einfach nicht. Ein paar technische Probleme zu Anfang und er verlieh seiner Gitarre erstmal Flügel und machte die Leute der Technik zur Sau. Der Bassist schritt von der Bühne und ließ sich erst wieder blicken, als ein neuer Verstärker da war. Nach solchem klischeehaften „Rock'n'roll“-Verhalten, war der Musik-Genuss für mich nur noch zweitrangig.
War nicht weiter schlimm, denn mit dEUS kam eines der Higlights des Festivals auf die Bühne. Mit einem Querschnitt durch ihre Karriere, begeisterten die Belgier das Publikum und ließen zum ersten mal an diesem Tage eine Festival-Stimmung aufkommen mit obligatorischem Zusammenhalt. Das die größte Stimmung bei dEUS' Hit „Suds & Soda“ aufkam, war eh klar, aber bei diesem hypnotischen Violinen-Spiel ist das auch kein Wunder.
Dann kam eine Band, zu der ich fairerweise nichts schreiben sollte, aber hey, ich mach' es trotzdem. Starsailor – das Ende der guten Geschmacks. Ich hab ihnen eine Chance gegeben, aber, und jetzt nehme ich wahrscheinlich Aimee's Worte vorweg, als „Alcoholic“ einsetzte und diese ganze schleimige Pathos-Welle auf einen „herabfloss“, konnte ich nicht anders, als Witze zu reissen und mich schlecht zu fühlen. Ich fragte mich immer wieder wieso ich vorne stehen musste, aber meine Beine waren wie gelähmt von des Sängers Schmalz-Parolen. Letzlich bleibt mir nur zu sagen, dass was ich auch den anderen Forumianern gesagt habe, dass Walsh (der Sänger) und ich doch eins gemeinsam hatten: Den doch arg gequälten Ausdruck im Gesicht.
Vom Pathos zur puren Schluffigkeit – Adam Green kam auf die Bühne. Da ich ihn schon drei mal innerhalb eines Jahres gesehen hatte, war ich nicht gerade scharf darauf, nochmals „Friends of mine“ zu hören, aber es hat Spaß gemacht, und Green's Perfomance war die pure „Leichtigkeit des Seins“. Das Highlight seines Auftritts, war die Zugabe. Adam alleine an der Gitarre – Er kann es nicht besonders gut, das Gitarrenspiel, aber diese amateurhaftigkeit war sehr liebreizend und textlich eine schönes Ende des ersten Tages.

Die Nacht auf dem Zeltplatz war eine große Überraschung. Kein Krach – zumindest in meiner Richtung :D , ließen mich 6 Stunden am Stück schlafen. Zum Frühstück gab es wieder etliche Leckereien aus dem Eiscafe, unter anderem eine Waffel mit Eis – und die schmeckt besonders gut nach viel Bier und Dreck am Körper allerorten.

Den zweiten Tag began ich mit Patrick Wolf. War begeistert von seiner Solo-Perfomance. Synthies und Gesang waren meist die einzigen beiden „Instrumente“ die zum Einsatz kamen. Der letze Song des 21jährigen Tausendsassas war eines meiner persönlichen Highlights – Wolf zupfte die Violine und zelebrierte Lo-Fi auf der Bühne.
Dann kamen die britischen Rocker South. Konnten mich nicht begeistern und sind nicht ansatzwesie in Erinnerung geblieben.
Bei Embrace hab ich Pause gemacht.
Mit The Soundtrack of our lives kam eine Band auf die Bühne die sich dem psychadelischen Rock verschrieben haben. Begeistert war ich hier auch nicht. Nur zum Schluß kam es zu einem Vorfall der Haldern so besonders macht. Auf jedem anderen Festival wäre es zu Tumulten gekommen, und die Security hätte folgendes gar nicht zugelassen. Der Sänger der norwegischen Band sprang von der Bühne und schritt über die Absperrung weit hinein ins Publikum, schon vorher bat er uns alle Platz zu nehmen und dieser Aufforderng leisteten auch alle Folge. Der große Prediger der Norweger lief durchs Publikum und das verlieh seinen psychaldelischen Weisheiten mehr Intensität. Ein Betrunkener wollte doch noch auf sich aufmerksam machen und stand auf und brüllte irgendwas ins Mikrofon. Der Sänger reagierte proffesionell und legte seinen Kopf auf des Zwischenrufers Schultern und führte liebevolles Kuscheln vor – ein zauberhafter Moment. :lol:

Keane und Kings of Leon, als folgende Bands, habe ich mir nicht „angetan“. (Muss dazu sagen, dass ich es bei den Kings versucht habe – aber dann den Weg von vorne nach ganz hinten angetreten habe)

Als die „Kings“ des Retro-Rock'n'roll von der Bühne schritten wurde schon für Paul Weller aufgebaut. Nur ein einzelnes Mikrofon mit Stuhl wurde für einen anderen Künstler auf die Bühne gebracht. Jose Gonzales – ein Schwede mit argentinischen Wurzeln. Ich weiß nicht genau wieso, aber dieser kleine Auftritt des Schweden war mein persönliches Highlight des Festivals – Vielleicht war des das Desinteresse des Publikums oder auch der Festivals selbst, weil ja im Hintergrund weiter für Weller aufgebaut wurde – aber Gonzales war betörend, seine Schüchternheit war deutlich zu spüren und seine warmherzige Musik und Texte brachten einen Bruch in das sonst eher extrovertierte Festival. Die musikalische Nähe zu Nick Drake war deutlich zu hören; ein Plattenkauf seines Albums „Veneer“ ist bei mir mehr als sicher.

Paul Weller zeigte dannach routiniert das er einer der Besten ist. Aber mehr weiß ich zu ihm nicht zu sagen.

Es dauerte eine Stunde bis es zum nächsten Akt – Divine Comedy – kam. Denn ein ganzes Orchester begleitete Neil Hannon, und dies nahm einiges an Aufbau-Zeit in Anspruch.
Es war wundervoll. Hannon war sehr symphatisch und zeigte sich mit vielen Witzen eher als Entertainer. Orchester und Divine Comedy lagen im Einklang, selbst bei komödiantischen Einlagen und beim Cover des Queens of the Stone Age – Songs „No One knows“.
Ein bombastischer, harmonischer Abschluss eines einzigartigen Festivals.

Danke Haldern. :wub:

--