Re: Lieblingsplattenläden

#2242415  | PERMALINK

ford-prefect
Feeling all right in the noise and the light

Registriert seit: 10.07.2002

Beiträge: 9,692

Rheinpfalz Frankenthal (Freitag, 6. August 2004)

Die Grundsatzdiskussion gibt es gratis dazu

Oliver Brandt betreibt seit fast 14 Jahren in Worms den Plattenladen Heaven Records – „Schön, wenn jemand stöbert und fragt“

Die Plattenladen-Kultur ist mindestens so alt wie die populäre Musik selbst. In jeder größeren Stadt findet man irgendwo in einer Seitengasse solche kleinen Geschäfte, die alle möglichen Tonträger verkaufen. Für echte Musikliebhaber und Raritätensammler eben, denen riesige Handelsketten und Elektronikfachgeschäfte zu unpersönlich oder zu teuer sind.
Auch in Worms gibt es eine derart kleine Goldgrube. Der Plattenladen „Heaven Records“ in der Rheinstraße besteht seit Oktober 1990, damals hieß das Geschäft jedoch noch „Soundgallery“. Gegründet wurde dieser Laden von Oliver Brandt und Frank Hege, die zum Wormser Standort noch einen zweiten Plattenladen in Darmstadt besaßen, der ebenfalls „Soundgallery“ hieß. Der 41-jährige Inhaber Oliver Brandt erinnert sich: „Zur Eröffnung unseres Plattenladens in Worms bauten wir einen Tisch mit kaltem Büffet auf. Der Laden wurde bei den Kunden sehr interessiert aufgenommen, am ersten Verkaufstag waren ungefähr 500 Leute vor und im Geschäft, die uns regelrecht die Ware aus den Händen rissen. Am Ende des Tages waren gerade mal noch zwei, drei CDs in den Regalen.“ 1993 gingen Oliver und Frank dann getrennte Wege, Frank kümmerte sich fortan um das Geschäft in Darmstadt und Oliver übernahm die Verantwortung für den Shop in Worms, den er in „Heaven Records“ umbenannte. Die Darmstädter Filiale gibt es mittlerweile nicht mehr, nur das Wormser Plattengeschäft in der Altstadt hat bis heute gute sowie schlechte Zeiten überdauert. Oliver Brandt betreut jetzt „Heaven Records“ in Worms ganz alleine, sein Freund Jorg von Dücker (31) hilft ihm als Verkäufer aus. „Seit Anfang der 90er Jahre hat mein ‚Heaven’ den Ruf als Heavy Metal-Shop, was aber im Grunde nicht ganz richtig ist“, erzählt Oliver. „Bei mir im Laden sind alle möglichen Musikrichtungen zu finden, hier gibt es für jeden Geschmack etwas.“ Ob HipHop, Punk, Soul, New Wave, Heavy Metal, Jazz, Reggae, Techno oder Pop – im „Heaven“ hat jeder Musikstil in Form von Neuware und gebrauchten Artikeln seine eigene Nische. Ebenso befindet sich viel Vinyl im Sortiment, darunter etliche Importe. Rund 50 Prozent seiner Einnahmen macht Brandt durch den Schallplattenverkauf. Die lokale Musikszene unterstützt Oliver dadurch, indem er die Demo-CDs von Amateurcombos auf einem gesonderten Regal feilbietet. Vom Plattenladen alleine könnte Oliver dennoch nur schwer leben. Im Sommer ist der Inhaber vom „Heaven“ zusammen mit seinem Kumpel Jorg von Dücker jedes zweite Wochenende mit einem Stand auf mehreren Plattenbörsen vertreten. In ganz Deutschland, aber auch sehr oft in Holland, Belgien und Frankreich. „Vor allem in Holland gibt es sehr schöne Plattenbörsen, die bei warmen Temperaturen in den Fußgängerzonen abgehalten werden“, berichtet Oliver, der bis zu seinem 18. Lebensjahr in Amerika lebte und dessen Vater US-Soldat war. „In Amsterdam zum Beispiel gibt es noch richtige Sammler, die auf der Suche nach alten Vinyl-Raritäten aus den 70ern und 80ern sind.“ Dank dieser beruflichen Reisen kommt Oliver viel herum, er trifft Leute, erfährt anregende Gespräche und Fachsimpeleien. Oliver Brandt legt nämlich viel Wert auf die idealistische Philosophie hinter seinem Plattenladen: „Ich finde es schön, wenn sich jemand in meinem Laden umschaut und herumstöbert, vielleicht eine Frage hat und diese von mir kompetent beantwortet bekommt. Manchmal entstehen daraus richtige Grundsatzdiskussionen über die Rock- und Pop-Geschichte. So etwas beurteile ich als persönlichen Gewinn.“ Der Plattenladen quasi als Debattierstätte. Oliver bezeichnet sich selbst als „wandelndes Musiklexikon“, der gerne sein musikalisches Wissen mit anderen misst. Hin und wieder besuchen bekannte Musiker aus der Metal-Szene den Plattenladen „Heaven Records“. Bands wie Crematory oder Mystic Circle gehören zu Olivers Stammkundschaft. Gelegentlich betätigt sich Brandt sogar als Party- und Konzertveranstalter, letztes Jahr im Oktober ließ er etwa die Berliner Indie-Pop-Band Virginia Jetzt! im Wormser Musikclub „MC/DC“ spielen. Seit dem Aufkommen von Internet-Tauschbörsen und CD-Brennern muss aber auch „Heaven Records“ über zurückgehende Umsätze klagen. „Teilweise bis zu 40 Prozent“, beteuert Oliver Brandt. Und was möchte Plattenfreak Brandt machen, wenn es mal nicht mehr mit seinem Plattenladen klappen sollte? Olli behält sich einige Alternativen im Hinterkopf: „Falls ich mal nicht mehr vom An- und Verkauf von Tonträgern leben kann, werde ich wahrscheinlich in die USA oder nach Kanada zurückkehren.“ Aber momentan läuft sein Plattengeschäft noch gut. Am liebsten würde er wieder eine weitere Filiale in der hiesigen Umgebung dazunehmen, um noch mehr Platz für die ganzen Maxi 12″ Platten aus den 80er Jahren zu schaffen, die derzeit in seinem Keller lagern.

Info:

Heaven Records
Rheinstraße 32
67547 Worms
Tel.: 06241 / 305481
E-Mail: heaven-oli@freenet.de
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 13:00 – 18:30 Uhr, Samstag 10:00 – 14:00 Uhr

www.rheinpfalz.de

--

Wayne's World, Wayne's World, party time, excellent!