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Herr RossiIch sprach von „1970-1977“. Wer danach alles kam, ist mir schon klar …
Das waren alles großartige Künstlerinnen, aber hatten die wirklich ein Identifikations- und „role modell“-Potential für weibliche Teenager? Mir geht es um das „missing link“ zwischen den Shangri-Las und Madonna.
Ja. Von den Genannten sind alle (auf die eine oder andere Art) als role model oder id-Figur für weibliche Teenager geeignet. Natürlich kommt es darauf an, nach welcher Projektion jeweils gesucht wird und was für ein Zugang (der kein rein musikalischer ist) besteht.
Shangri-Las sind ein enormer Glücksfall; Madonna in meinen Augen nicht. Die Frage nach dem missing link finde ich interessant. Ich sähe dort Leslie Gore, Cher, Dusty Springfield, Helen Reddy, Grace Slick, Diana Ross, Tina Turner, Bette Midler und auch die magersüchtige Karen Carpenter. Der geschäftstüchtige Illusions-Zirkus Madonna, der nur am Rande mit Musik zu tun hat, wäre ohne den Vorlauf der Genannten schwer vorstellbar.
Herr RossiEtwas anderes Thema: Kennst Du „Bye Bye Baby“ von Caroline Sullivan? Die beschreibt da sehr anschaulich, wie gelangweilt sie als 15jährige 1975 von der amerikanischen Musikszene war (sie lebte damals in New Jersey).“Wenn man zur weißen Mittelschicht gehörte, kiffte man sich jedes Wochenende zu und hörte scheußliche Musik. Das war Gesetz. Besonders die scheußliche Musik.“ Da kam ihr die „Rollers-Mania“, die damals von England her rüberschwappte, wie eine Offenbarung vor. Nicht, weil sie die Bay City Rollers musikalisch besonders toll fand, aber sie waren nicht langweilig. Kurz darauf war sie dann in England mitten drin im Punk- und Postpunk-Geschehen.
Ja! Ein ganz wunderbar ironisches, ehrliches Buch. Von den Bay City Rollers aus dem vollständigen Buchtitel sollte sich niemand ab- oder erschrecken lassen. Objekte pubertierender Begierden brauchen Namen; in diesem Fall eben den einer schottischen Band mit lustigen Taft-Frisuren. Und schließlich geht es im Buch auch noch um andere “Klangkörper”. Wer sich dafür interessiert was in Teenagern so alles tickt, sollte dieses Buch lesen.
Pubertät benötigt keine anerkannt “qualitativ hochwertige” Musik. Das gilt natürlich nicht nur, wenn man eine gelangweilte 15-jährige Heranwachsende in New Jersey ist. Der jungen Sullivan ging es bei ihrem Schwärmen ja weniger um die mittelmäßigen Songs der Rollers und mehr um Personenkult und sexuelle Phantasien.
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