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Ich würde aber gerne als Anregung noch mal den Begriff der „Counterculture“ oder zu deutsch „Gegenkultur“ so etwa von 65 – 75 in den Ring werfen. Als Zusammenfassung einer kulturellen Ideologie, die zumindest Kapitalismus kritisch inspiriert ist, sich aber eben nicht mit rein ökonomisch-politischen Diskussionen zufrieden gibt, sondern gewissermaßen den von Marx auf die Füße gestellten Hegel-Kopf (Überbau / Bewusstsein) in aller schönen historischen Dialektik wieder mehr zur Geltung bringen möchte: Rockmusik also als Gegenentwurf zur „falschen“ Bewusstseinsindustrie, die deren Interessen affirmativ dient, und die man „Pop“ nennen mag und dann auch tat: „I am the slime from your radio“.
Auch ich war natürlich als Jahrgang 60 von solchem Gedankengut noch stark infiziert. Allerdings leuchtete mir als 12-13 jähriges „Child of the Revolution“ durchaus unmittelbar evident und absolut unwiderlegbar ein, dass Marc Bolan einen Rolls-Royce fuhr, weil der gut für seine Stimme war, genauso wie Mick Jagger aus „Spass an der Freud“ den indianischen Jumpin Jack Flash gegeben hatte. Sweet Phase 1 (Chinn/Chapman) dagegen überließ ich den Mädchen, Sweet Phase 2 den Möchtegern-Machos, und Pink Floyd auf der anderen Seite gerne den Musiklehrern dieser Welt. Dass die mir was von reversen Tonleiter-Läufen bei PF vorschwärmten und mich über diesen Weg ja doch wieder nur zur „langweiligen“ offiziellen Kultur der klassischen Musik bringen wollten, war mir suspekt. Ich war halt nicht so einfach zu reinzulegen, ha! Natürlich habe ich erst später begriffen, was es auch bedeuten kann, dass es kein richtiges Leben im Falschen geben kann: puren Pop nämlich. Aber dies zu feiern, wie es die Populärkultur nach der Zerstörung des Punk in einem postnihilistischen Tanz auf dem Vulkan tat, ist wohl ebenso wenig ein Ausweg.
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The only truth is music.