Re: vom wert und unwert

#2225419  | PERMALINK

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This charming man

Registriert seit: 04.05.2003

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Weit daneben, Soulster.

Wenn Du glaubst, ich redete dem ausschließlich intellektuellen Umgang mit Musik das Wort, dann hast Du meine Beiträge hier und anderswo nicht einmal im Ansatz verstanden. Im Gegenteil! Selbstverständlich gehört die Erfahrungsebene dazu. Nenn' es sinnlich oder intuitiv, gleichviel. Nur eben nicht voraussetzungslos. Du mahnst da immer eine Art Unmittelbarkeit im Umgang mit Kunst an, die es garnicht gibt. Du bist doch in jedem Fall bereits ein gebildetes/verbildetes Wesen. Und in keiner Lebenslage jener Erlebnis-Novize aus Platos Höhlengleichnis. Ich dachte, ich hätte das mit meinen vielen Hinweisen auf den Komplex Reisen/Lernen hinreichend deutlich gemacht. Aber gern nochmal: wenn man sich mal wochenlang in den Sümpfen von Louisiana herumgetrieben hat, Baton Rouge und Lake Charles ein wenig kennt, auf den Spuren von Jerry Lee Lewis und Nathan Abshire mit sehr vielen Menschen gesprochen hat, dort etliche Joints aufgesucht und Konzerte besucht hat, mal ganz abgesehen von ganzen Lektüre-Bergen, kurzum: wenn man einmal richtig reingerochen hat in die Cajun-Kultur, dann stellen sich die von Dir ins Feld geführten „intuitiven“ und „emotionalen“ Erlebnisse erst verläßlich ein. Und daß sie dann auch viel intensiver sind als bei jemandem, der sich mal drei Tage im French Quarter herumgetrieben hat, bedarf eigentlich keiner weiteren Erläuterung.

Das Wort Zugang gefällt mir in diesem Zusammenhang nicht, wohl weiß ich aber, was es meint. Erstellen wir meinethalben eine Hierarchie der Zugänge. Zuunterst der vielbemühte „spirituelle Zugang“ von Eso-Tanten, die so brillante Sätze säuseln wie „ich will nicht wissen, was ich höre – Wissen beleidigt meine empfindsame Seele“. Stufe eins. Und so weiter. Bis hinauf zu einem Kunstverständnis, das man behelfsmäßig „ganzheitlich“ nennen könnte (auch so ein saublödes Wort). Die Werte-Leiter also empor zu einer (individuell unterschiedlichen, weil stets durch die Persönlichkeit gebrochenen) musikalischen Erkenntnis. Und auf dieser Leiter rappelt sich der eine ab, während der andere auf der untersten Sprosse sitzenbleibt und (zum Selbstschutz) behauptet, weiter oben sei die Sicht auch nicht besser.

To each his own.

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