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Originally posted by dougsahm@22 Jul 2004, 06:57
Das ist noch kein griffiges Gegenargument. Ersetze in meiner stark verkürzten Kategorisierung einfach Musikhörer durch Musikliebhaber.H-Typen sind ja auch Liebhaber. S-Typen sowieso.
Ist für meinen Kopf nur eine sortierende Erklärung, warum H-Typen, S-Typen, Ä-Typen häufig nicht auf eine gemeinsame Sicht der Dinge kommen ….
das sollte auch kein gegenargument sein. wogegen?
mir erscheint die typologie zu kurz und nicht sonderlich dienlich. vor allem sehe ich nicht den von dir oben so genannten „religiösen“ charakter.
für mich ist ein hardware-mensch, wie du ihn vielleicht im sinne hast, kein musikliebhaber, sondern ein hardware-liebhaber.
den software-hörer habe ich nicht verstanden!! was soll das sein?
und wenn, fände ich mich selbstverständlich im ä-typ wieder. wie auch nicht, ist musik doch ein ästhetische sache.
ein paar grundlegende sätze noch zum ganzen, dann machts, was ihr wollt. aber dummheit oder sowas lasse ich mir ungern nachsagen.
musik ist für mich ein ästhetisches kulturprodukt, welches innerhalb seiner zeit unter bestimmten bedingungen (zähle ich jetzt nicht auf, es sind unendlich viele) entsteht.
um musik verstehen zu wollen, muss ich sie (dies banale hat anne ja oben auch schon gesagt) aus ihrer zeit heraus sehen.
wenn ich mich berieseln lassen will, brauche ich das selbstverständlich nicht zu tun. was dann dabei heraus kommt, nennen einige dann vielleicht „geschmack“, ob ihnen was passt oder nicht passt.
wenn ich musik verstehen will, dann muss ich das drumherum seiner entstehung in meine rezeption mit einbinden. das heißt zb nicht, dass man deshalb musik von früher nur von singles hören dürfte. aber ich sollte sie wie singles hören. (und nicht an einem durchgehenden stück von einer vollgepfropften cd)
wenn mir diese musik auch heute noch was zu sagen hat, um so besser. das hat dann aber wieder nichts mit geschmack zu tun, sondern anderen grundlegenden ästhetischen/soziokultrellen verständnis- und empathie- oder was auch immer -geschichten.
zu einem großteil der musik der 50s/60s/70s gehören nun mal die singles, wie die noten zur mozartsinfonie. deshalb haben sie eine wertigkeit, die eine heute aufgenommene cd niemals haben kann, da sie im prinzip nur als datenstream durch die lande geistert. das verteufele ich nicht, das rede ich nicht gut, da sehe ich nur eklatante unterschiede. der träger dieser tage ist der stream, ist das wie auch immer gefasste byte-bündel. deshalb weine ich den 7″s keine träne hinterher, aber für die musik von damals sind sie bestimmend.
wenn man so will, mag es in der musikgeschichte also vier stufen der konservierung gegeben haben:
mündliche überlieferung,
notation,
platte,
verfügbarkeit per bytebündel.
ist das so schwer nachzuvollziehen, dass da soo viel mehr ist als evolution?
nirgendwo habe ich der neuen zeit ihre berechtigung etc. …. abgesprochen. der einzig „arrogante“ satz oben, weil er forderungen an den musikliebhaber, so wie ich ihn verstehe, stellt, ist: wenn ich musik aber verstehen will, dann muss ich das drumherum seiner entstehung in meine rezeption mit einbinden. ist natürlich quatsch, dass er arrogant sei!
die alten zeiten waren nicht besser, aber anders. und zu diesem anderen gehörte die wertigkeit der analogen aufzeichnung. im pop-kontext der frühen jahre war das nun mal die single. im jazz-kontext von früh an die lp.
was interessanterweise im klassik-bereich viel weniger bis gar nicht der fall war. da ging es um aufnahmen bestimmter dirigenten, evtl noch um platten bestimmter labels wegen ihrer klangtechnisch tollen pressungen. dem musikliebhaber aber geht es dort immer um interpretationen, weil der träger des kunstwerks die partitur ist!!
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