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sandmanDen ersten Teil über die Rothschilds fand ich in dem Umfang entbehrlich. Das kam mir wie der Versuch vor das in der Öffentlichkeit eher schlechte Image der Rothschilds (als jüdische Banker) aufzupolieren.
Ja, ich fand das auch irritierend. Im Nachhinein wurde es für mich verständlich – auch wenn das in diesem Umfang vielleicht nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Das stimme ich Dir zu. Das Image der Rothschilds ist sicher eins, dass in der verschiedensten Farben schillert. Jüdische Bankiers, Finanzdynastie, Geldadel – wie immer man das nennen mag. Sie waren quasi per Selbstverständnis eine Familie von Bankiers, sie waren auch vom Selbstverständnis her Juden. As Jude war man in Europa immer irgendwie Außenseiter, ob man wollte oder nicht. Die Tatsache, dass die Rothschilds international tätig waren, über so viel Geldmittel verfügten, dass Staaten ganze Kriege durch sie finanzieren ließen, macht sie sicher nicht allen Seiten gleich sympathisch. Die Briten finanzierten den Krieg gegen Napoleon über Rothschild, gleichzeitig gab es aber auch Rothschilds in Frankreich und Deutschland. Das ließ Verschwörungstheorien aufblühen mit solch Schlagworten wie „vaterlandslose Kosmopoliten“ oder „egal, wer den Krieg gewinnt, die jüdischen Rothschilds profitieren immer davon.“ Die Projektionsfläche für das Bild vom „internationalen Finanzjudentum, das die Welt in den Krieg stürzt“.
Die Frau Pannonica wurde aber nicht so recht lebendig in dem Buch. Ihre Motive wurden nicht recht klar. Ich konnte keinen Zugang zu dem beschriebenen Menschen finden. Ich fand das Buch spannend – wegen dem Zeitbild und den Geschichten aus der damaligen Szene.
Ich fand ja auch, dass Hannah Rothschild die Person Pannonica nicht klar fassen kann. Vielleicht kann man es auch nicht. Ich habe es mehr zwischen den Zeilen herausgelesen. Als Rothschild war ihr Leben vorgezeichnet, da spielten Geld, Status, Repräsentation, der ewige Versuch nach Anerkennung in einer nicht-jüdischen Umgebung die zentralen Rollen. Das versuchte sie in der black community und jazz scene abzuschütteln. Verbunden mit den von mir schon erwähnten Paradoxa.
Faszinierend finde ich immer wieder wie gerne Frauen sich um die Interessen von Männer kümmern und ihnen bei ihren Unternehmungen helfen – anstatt dass sie eigene Ambitionen verfolgen.
Ja, das diskutieren wir hier ja sowohl am Beispiel Pannonica als auch am Beispiel Nellie.
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)