Re: Jazzbücher

#2196287  | PERMALINK

friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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vorgartenfinde ich eine sehr spannende idee. viele missverstehen den begriff ja, weil er so klingt, als seien das räume, in denen bestimmte normierungen zugunsten eines freieren drucheinanders aufgehoben sind, quasi als alternativkulturelle orte. foucault verwendet diesen begriff aber eigentlich, um räume zu markieren, die zwar außerhalb der gesellschaftlichen norm liegen, aber eben eigene regeln und normen haben.

Ich glaube er verwendet den Begriff sogar so, dass er damit Orte – soweit ich das richtig verstehe reale Orte – bezeichnet, die die Gesellschaft sich selber schafft, in denen Handlungen, Rituale, sich abweichend verhaltene Menschen einen Platz haben, die nicht in den Normalablauf integrierbar sind, die aber für den Bestand der Gesellschaft erforderlich oder unvermeidlich sind und deswegen in eine geschützten Raum verlagert werden. Kliniken, Kasernen, Kunsttempel (3 x „K“ ;-)), sogar Bordelle. Schiffe! Dabei wären wir wieder bei der Arche oder dem Raumschiff.

Insofern habe ich den Begriff Hetreotopie eher lässig ausgelegt, denn Sun Ra hat sich seinen Raum ja selbst geschaffen um als der, der er war, existieren zu können und dieser Raum ist nicht immer und unbedingt ein realer Raum mit Postleitzahl und Hausnummer, sondern ein Gedankenraum, eine Übereinkunft oder ein gemeinsames Bewusstsein, meinetwegen auch ein „alternativkultureller ort“. Wobei ich „alternativkultureller ort“ nicht unbedingt mit „freieren durcheinander“ in Verbindung bringen würde, denn auch diese Orte haben Regeln, die aber von außen oft nicht so leicht zu erkennen sind. Toleranz oder Akzeptanz können ja auch Regeln sein. Und sind auch nicht immer leicht einzuhalten.

(die freiheit und der aufbau eines eigenen regelsystems).

Irgendwie habe ich das bei Sun Ra immer (?) so gehört, bzw. so interpretiert, auch wenn ich es nicht wirklich verstanden habe und verstehe. Vielleicht ist das sogar eine Eigenschaft, die verschiedene Subkulturen und die Kulturproduktion, die sie hervorbringen, gemein haben. Und das ist dann wiederum für mich ein Sehnsuchtsort.

Gerade mal Lanquidity zum Frühstück aufgelegt.

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)