Re: Jazzbücher

#2196137  | PERMALINK

nail75

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ClauAktuell arbeite ich mich durch die „Sozialgeschichte des Jazz“ von Ekkehard Joost. Sehr erhellend.

Tja, geht so. Ich finde das Buch sehr unanschaulich, überraschend leblos und einem sehr einseitigen Gesellschaftsbild verpflichtet, in dem die Rollen von Ausbeuter und Ausgebeuteten klar verteilt sind. Aber anstatt die Machtverteilung zwischen Schwarzen und Weißen, Möglichkeiten und Grenzen schwarzer Autonomie, den Zusammenhang von Austausch und Abgrenzung, Selbst- und Fremdbilder nicht nur zu thematisieren, sondern auch zu problematisieren sind bei Jost die Afro-Amerikaner die selbstlosen Opfer, die von geld- und machtgierigen (weißen) Unterdrückern ausgebeutet werden. Hier treffen quasi monolithische Gruppen aufeinander, die keine innere Differenzierung aufweisen.

Was über die bedeutenden Plattenfirmen des Jazz in diesem Buch steht, ist entweder ein Witz oder eine Unverschämtheit (Prestige hat zwei Einträge, Blue Note acht und nirgendwo steht etwas erhellendes!). Jazz besteht nicht nur aus Musikern, sondern auch aus Besitzern von Plattenfirmen, Clubbesitzer, Produzenten, Promoter, Booking-Agents – wo kommen die in diesem Buch vor? Was für Leute waren das? Welchen sozialen Milieus entstammten sie? Eine Sozialgeschichte ist das nicht, eher eine Kapitalismuskritik des Jazz.

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.