Re: Grand Prix Eurovision / Eurovision Song Contest

Startseite Foren Kulturgut Das TV Forum Grand Prix Eurovision / Eurovision Song Contest Re: Grand Prix Eurovision / Eurovision Song Contest

#2105485  | PERMALINK

herr-rossi
Moderator
-

Registriert seit: 15.05.2005

Beiträge: 87,242

wahrAlso Bühnentechnik und Showdesign haben mir gefallen. Konnte ich aber auch ohne Ton herausbekommen. Sah alles nach superteurem Mega-Event auf neuestem technischen Stand aus. War es ja auch. Deswegen schaue ich bei sowas ja mal rein. Eine über die Show hinauszeigende Aussage wie noch das Jahr zuvor durch Conchita Wurst („Toleranz!“) habe ich allerdings nicht entdecken können.

Die Aussage ist beim ESC, wo sich Mainstream und Camp die Hand reichen, implizit, dazu bedurfte es Conchita eigentlich nicht. Was ihren Beitrag herausgehoben hat, war einmal die vergleichsweise anspruchsvolle Komposition, wenn ich der Zeit Online-Fleißkärtchenfrau mal glauben darf, eine großartige Gesangsleistung – und dass sie dem altbekannten Thema Drag Queen einen neuen Aspekt abgerungen hat – einerseits so feminin zu sein, wie nur möglich, aber das mit dem maskulinsten aller Merkmale, dem Bart. Da mag es unbekannte Vorbilder geben, aber so bekam das Spiel mit den Geschlechterrollen noch einmal Irritationspotential.

Es gibt immer mal wieder ESC-Beiträge, die in dieser Hinsicht „anders“ waren, etwa Loreens Performance vor einigen Jahren, die so nordisch-düster war, wie es nur ging – und Loreen, Kind marokkanischer Eltern, passte perfekt dort hinein. Das war ein ganz fantastischer Moment, weil Sängerin, Song, Sound und Performance absolut stimmig waren.

Doc F.Ich habe gestern zwei Mal für ca. eine Minute reingeschaltet und kurze Teile der rumänischen und georgischen Beiträge angehört. Und ich habe mich auch gefragt, was Leute dazu bringt, sich da stundenlang hinzusetzen und diese größtenteils dritklassige Musik anzuhören.

Warum werden Fussballfans so etwas nie gefragt? Wie oft müssen die sich 90 Minuten und mehr müdes Gekicke und deprimierende Niederlagen anschauen, nur um gelegentlich mal ein Spiel zu sehen, dass sie begeistert oder um einen Meistertitel bejubeln zu können. Dabei geht viel mehr Lebenszeit drauf, aber das stellt niemand in Frage. Völlig zu recht, meine ich – als absoluter Fussballignorant.

Den ESC guckt man entweder richtig oder man lässt es sein. Das ist eine Tradition, ein Ritual, das eben auch davon lebt, dass nicht alles supertoll und euphorisierend ist. Es lebt auch von so seltsamen Dingen wie dem Stimmenauszählen, ein retardierendes Moment der Extraklasse. Das würde sich heute niemand mehr so ausdenken, so kann man eigentlich kein Fernsehen mehr machen. Aber es funktioniert. Und an jeder Ecke lugt die ESC-Geschichte hervor. Man sieht ja nie nur die aktuelle Ausgabe, sondern denkt auch alles, was bisher geschah in über 60 Jahren, mit.

Man muss sich seine Highlights erarbeiten. Und der Trash gehört einfach mit dazu, die abseitigen Momente, von denen es tatsäclich etwas wenig gab dieses Mal. Man würde die russischen Omis, transilvanischen Amazonen und sterbenden Schwäne nie wählen, aber sie gehören natürlich dazu. Am besten hat mir z. B. am schrecklichen österreichischen Beitrag gefallen, wie er sein brennendes Klavier stehen ließ, um weiter seinen Beatles-Coldplay-Verschnitt zu singen und bescheuert auszusehen.

Und zwischen dem Trash und den Langweilern kommen dann halt auch Beiträge, die auf unterschiedlichste Weise richtig gut sind, da ist vielleicht die Performance überzeugend, dort die Komposition durchdacht, der Sound überraschend modern, vielleicht geradezu gewagt, da kann vielleicht jemand richtig toll singen, ohne dass ihm vorher ein streberhaftes „kommt vom Jazz und Soul“-Qualitätssiegel ausgestellt wird (bei denen bin ich grundsätzlich erstmal reserviert), oder es sieht jemand einfach fantastisch aus. Manchmal kommt auch alles zusammen. Und diese Momente können aus jedem beliebigen Land kommen, da gibt es keine Hegemonie der üblichen Verdächtigen.

TheMagneticFieldZum Einstieg ;-)

Belgien und Lettland.

Hätte ich auch gesagt. Aber diese Rosinenpickerei ist eigentlich unwürdig.:) ESC – entweder ganz oder gar nicht.

--