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pinch@bullitt: sicherlich, tim burton hat in „ed wood“ zum ersten und wohl einzigen mal in seiner filmkarriere einer (titel-)figur sowas wie psychologisch ausgearbeitete tiefe entgegengebracht, den figuren ein gehörig maß an trauer und leid zugeschrieben, was man ihm anrechnen kann, im endresultat ist das aber trotzdem nicht mehr als weiche masse. burton schert sich letztlich nicht all zu sehr darum, seine figuren ernst genug zu nehmen, für ihn sind sie mehr oder weniger allesamt absonderliche zeitgenossen, freaks, ja clowns, während burton himself mit seiner inszenierung und seiner ganzen herangehensweise irgendwo felsenfest auf beiden beinen steht und seine camp-attitude berechnend aus dem FF zaubert. mir greift so eine herangehensweise bei diesem sujet zu kurz. da ist es mir lieber, wenn einer gleich eine hirnlose (aber dennoch unterhaltsame) pampe wie „mars attacks“ liefert, die keinerlei potenzial, indentifikation seiner protagonisten oder sonstwas verlangt, sondern tutti kompletti auf einer rein filmischen und filmgeschichtlichen rezeptionsbasis funktioniert. der begnadete olaf möller schrieb in einer rezenzion zu dem film mal: „ed woods leben war nicht die rappelkiste mit der addams family, es war eine absolut deprimierende alltagsgeschichte“. und eben jene tragik in verbindung mit irgendwelche komik und absurden fantasy-freakigkeit steht tim burton in allergrößtem maße sehr wenig bis gar nicht gut zu gesicht, geht dem film abhold, selbst wenn man das anhand seiner anderen filme nicht glauben will. aber das hier war augenscheinlich ein zu großes sujet, nicht nur auf den zweiten blick.
Naja, das Sujet ist aber nicht das Leben des Menschen Ed Wood, sondern der Mythos des Regisseurs Ed Wood. Das Faszinosum des vermeintlich „schlechtesten Regisseurs aller Zeiten“. Das Argument mit der Rappelkiste finde ich deshalb ein wenig schwachbrüstig. Natürlich wird der Film nicht dem späteren Schicksal Woods gerecht aber das versucht er auch gar nicht, Gott sei Dank. Burton macht Ed Wood zu einer perfekten Ed Wood Film-Figur: Skurril aber nicht lächerlich, zum Freak vielleicht aber nie zum verspotteter Clown und auch nicht zum bemitleidenswertes Opfer. Der Grad zwischen Hommage und Persiflage ist oft sehr schmal. Schüttelt man beim Anblick von Woods Arbeitsweise am Set noch ungläubig den Kopf erfreut man sich in der nächsten Sequenz schon wieder an seinem Einfallsreichtum, seiner Schlitzohrigkeit und seinem schier grenzenlosen Optimismus, wenn er mit seinen Konsorten die die Baptistengemeinde aufs Kreuz legt und ist gerührt, wenn er um drei Minuten Privataufnahmen seines verstorbenen Freundes den Plot eines ganzen Filmes herum bastelt.
Die B-Movie Ästhetik wurde übrigens für Burton selbst zum Stolperstein, finanziell wurde Ed Wood ja ein Flop. Allerdings wäre Ed Wood ohne Burtons Film und der „Auszeichnung“ von Harry und Michael Medved 1980 wohl in Vergessenheit geraten. So darf sich noch die Nachwelt an Ed Wood DVD-Collections erfreuen.
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