Startseite › Foren › Verschiedene Kleinode von Bedeutung › Der Tauschzirkel präsentiert › TZ Humor von muffkimuffki › Re: TZ Humor von muffkimuffki
Danke für Deine Einschätzung, atom! Schade, dass die deutschen Sachen so gar nicht Dein Ding sind, zumal (Achtung, gewagte These:) gerade Funny van Dannen in puncto Lakonie / Beiläufigkeit /Understatement meiner Meinung nach vom Deinerseits geschätzten Randy Newman gar nicht so weit entfernt ist.
Der Vollständigkeit halber hier meine Linernotes:
1. PeterLicht: Lied gegen die Schwerkraft
Man kennt ihn vor allem für seinen kleinen Hit „Sonnendeck“. Elektronische Heimarbeit mit hirnverbranntem Text. Zu lang, aber irgendwie sympathisch. Der Opener des zugehörigen Albums soll auch der Opener für meinen Beitrag zum Humor-Tauschzirkel sein. Vielleicht, weil er so schön kurz ist. Vielleicht, weil er so albern ist. Vielleicht, weil er lustig ist. Vielleicht, weil auch ich die Schwerkraft für völlig überbewertet halte.
2. The Divine Comedy: The Frog Princess
Der Oscar Wilde der Popmusik. Nur nicht schwul. Hymnische Arrangements zu göttlichen Melodien und Texte voll von understatement, Witz und sophistication, wie man so hässlich sagt. Das allersubtilste Lied des Hannonschen Oeuvres ist dieses zwar nicht, aber hymnisch ist es – und lustig allemal.
3. The Smiths – Unhappy Birthday
„I’ve come to wish you an unhappy birthday / because you’re evil and you lie / and if you should die / I may feel slightly sad / but I won’t cry.“ – noch Fragen?
4. Bernd Begemann – Kein Glück im Osten (Live)
Es wird immer gesagt, Bernd sei auf Platte ja eigentlich doof, so richtig toll sei er ja nur live. Zwar möchte ich als Teilverehrer von Begemanns Veröffentlichungen das keinesfalls unterschreiben, aber dass er eine Live-Sensation ist, steht natürlich außer Frage. Und das hat wohl auch der Bernd gehört und beschlossen seine Live-Auftritte mitzuschneiden, um daraus eine CD zu filtern. Hier nun die Begemannschen Live-Qualitäten. Er fängt ein Stück zu spielen an und baut dann Zwischentexte ein, die sich im Laufe der Jahre weiterentwickeln. Hier sei noch angemerkt, dass man sich hier seltsamer Weise entschlossen hat, für den Anfang des Stückes eine Aufnahme aus dem Dortmunder Subroasa zu verwenden, dann aber in einen Auftritt auf der Berliner Volsbühne überzuschneiden. Weiß der Geier, warum. Jedenfalls erklärt das den plötzlichen Hall.
5. Funny van Dannen – Störche gesehen
Bernd Begemann ist in den Osten gefahren. Der Mann aus Berlin (West) mit dem doofen Namen und den lustigen Liedern hingegen hat sich selbst nicht die Mühe gemacht, sondern gibt nur wieder, was ein lyrisches Du ihm über seine Ost-Reise erzählt. Wo der sympathische Egomane Begemann seine Eindrücke sehr an seiner eigenen Person festmacht, montiert der vielleicht noch sympathischere bescheidene Herr van Dannen das übliche Geplapper des westdeutschen Osturlaubers mit den eigenen Skurrilitäten, ohne sich dabei in den Vordergrund zu spielen. Seine Variante ist mit Sicherheit die subtilere.
6. Rufus Wainwright – Cigarettes and Chocolate Milk
Ein bisschen süßer, ein bisschen schwuler. Eines der herrlichsten Stücke des jungen New Yorkers. Ein Schwuler nimmt eine Handvoll Schwulen-Klischees (vom Süßigkeitenfuttern bis zur Jünglingsliebe) und packt sie in eine himmlische Melodie Ist das komisch gemeint? Wahrscheinlich schon, ganz sicher aber ist, dass es komisch IST.
7. Fink – Ich kümmere mich darum
Für große Schenkelklopfer ist die Hamburger Indie-Country-Combo nun nicht gerade bekannt, dennoch versuchte man sich auf dem 99er Album Mondscheiner auch mal an explizit Lustigem. Mit Erfolg, wie ich meine. Ach ja, übrigens: hat jemand zufällig eine Nasenhaarschere über?
8. Randy Newman: Political Science
Muss ich wirklich etwas über diesen Mann sagen? Über diesen Meister des scheinbar Banalen?
Über diesen Propheten, der 1972 mit diesem Lied Rumsfelds 2003er Europa-Diplomatie-Kracher vorausformulierte? Nein.
9. Die Aeronauten: Countrymusik
Schaffhausen ist keine Illusion, sondern manchmal richtig lustig. Denn hierher kommen Olifr Guz und seine Mannen und nahmen nach einem mediokren Debüt zwei schöne Platten auf, bevor sie dann langweilig wurden. Als ich dieses Lied zum ersten Mal hörte, hatte ich noch Mitleid mit all den Country-Versagern, heute besitze ich selbst 5 Cash-CDs und frage mich bang, ob ich damals unrecht hatte oder vielleicht heute selbst ein Versager bin (schon immer war?). Es gibt nur cool und uncool und wie man sich fühlt!
10. M.A. Numminen: Mit meiner Braut
Dass alle Finnen Alkoholiker und verrückt sind, wissen wir ja. Oder kennt jemand einen Finnen, auf den das nicht zutrifft? Na also. Herr Numminen war eine Zeit in einem schönen Vorfilm im Kino zu sehen, in dem er zu Orchestermusik (auf der Bühne nur ein Klavier) in schickem Frack und mit opernhaftem Gebahren einen Satz von Wittgenstein jault. Zum Brüllen komisch. Außerdem hat er Bücher geschrieben und CDs aufgenommen. Dieser finnische Tango mit deutschem Text ist exemplarisch für den Helsinki-Helge. Auf Dauer nicht leicht zu ertragen, aber für den Moment sehr lustig und nicht ohne Hintersinn.
11. Funny van Dannen: Junge Christen
Warum verrät der Mann nur in seinen Songtiteln häufig schon die Pointe? Jedenfalls steckt in diesem Lied wie so oft bei ihm eine Menge bitterer Wahrheit.
12. The Divine Comedy: If…
“If you were a tree / I would carve my name into your side / and you would not cry / cause trees don’t cry” – spätestens dieser herrliche Schwachsinn bricht mit dem Pathos des Liedes und transzendiert es in wahrhaft göttliche Sphären. Ein sicherer Platz in meinen Top 100 der Lieblingslieder.
13. Pavement: Shady Lane
Malkmus ist schon ein Schlawiner. Und den Satz „You’ve been chosen as an extra in the movie adaptation of the sequel to your life.“ möge er bitte in das Goldene Buch der humorigen Zitate schreiben und unsterblich werden.
14. Die Aeronauten: Freundin
In für die sonst bläserversessenen Aeronauten ungewöhnlich spärlichem Arrangement schüttet uns Herr Guz sein Herz aus über den ewigen inneren Konflikt des Gewohnheitsautonomen, der doch auch nur geliebt werden will. In gewisser Weise die Umkehrung des „Schreis nach Liebe“ von den Ärzten. Klar, die Stimme nervt, aber so ist sie nun mal.
15. Randy Newman: Shame
Hier (auf dem Alterswerk Bad Love von 1999) ist er nun endlich der, den er schon immer am besten verkörpert hat. Der alte Sack, der ein junges Ding begehrt und dabei ständig ins Eklige abgleitet. Selten habe ich über ein Lied so gelacht wie über dieses.
16. Funny van Dannen: Eurhythmieschuhe
Ich habe sie gesehen, die Eurhythmisten. Sie sind wirklich so, wie man sie sich vorstellt! Und es gibt tatsächlich spezielle Eurhytmieschuhe! Die Welt ist voller Wunder.
17. Pulp: Dishes
„Irony is over“ – aber erst ganz am Ende von This Is Hardcore (bevor dann der nervige viertelstündige Orgelton einsetzt). Die Analogisierung Cockers mit Jesus darf also getrost noch als ironisch gemeint verstanden werden.
18. Bernd Begemann: 2 x 2. Wahl
Ein gemeines kleines Lied über Beziehungen, die nur in Ermangelung einer anderen entstanden sind, fröhlich swingend und doch so abgrundtief gemein. Er kündigt das auf Konzerten als Motivation für die Paare im Publikum an: „Ach guck, Schatz, so scheiße ist es bei uns ja gar nicht.“ Ach, der arme Bernd, er will doch letztlich auch nur geliebt werden.
--
Lately I've been seeing things / They look like they float at the back of my head room[/B] [/SIZE][/FONT]