Re: Roxy Music

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thomlahn

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Bauer Ewald“Pornography“ ist kein gutes Beispiel, weil es bei seinem Erscheinen gerade nicht als das Meisterwerk aufgenommen wurde, als das es heute viele betrachten. Ich meine mich sogar zu erinnern, dass das Album damals im ME-Monatspoll auf dem letzten Platz landete.

Ich fand es damals bei seinem Erscheinen ziemlich scheiße – eben aufgrund der monotonen Songs und des Bootleg-Sounds. Und das als glühender Cure-Verehrer. Irgendein Lebensgefühl war für mich jedenfalls nicht damit verbunden und auch für sonst keinen den ich kannte.

1982 war ich dreizehn, lebte als pickeliger Korfirmand in einem kleinen Dörfchen in dem vermutlich weniger als 10 Leute mit dem Namen ‚The Cure‘ hätten etwas anfangen können. Darum geht es auch nicht. Da du heute selbst dieses Album sicher schätzt, dann doch weil du es inzwischen einzuordnen weißt, im Cure-Kosmos, in dem was damals in der Musik passierte, wie könntest du ansonsten einen Zugang haben. Meine Tochter könnte heute (mit Recht) damit nichts anfangen.

nail75Nochmal: Natürlich ist es immer gut, sich zu informieren. Da man aber nicht über jede Verästelung der Popgeschichte Bescheid wissen kann, besonders dann wenn man das nicht hauptberuflich macht, ist es mir aber manchmal lieber, wenn jemand einfach ungezwungen und offen berichtet, wie ihm ein Album gefallen hat, als wenn jemand die Meinung eines oder vieler anderer Menschen nacherzählt.

Ich frage mich, wie es möglich ist, dass Leute beispielsweise Bach oder Beethoven hören und doch vom Lebensgefühl des Barock oder der Napoleonischen Kriege doch so gar keine Ahnung mehr haben. Es gibt übrigens ein Wort für Werke, die vornehmlich oder gänzlich aus einem gewissen Zeitgefühl leben. Es lautet: „vergessen“.

Es geht doch nicht um „hauptberufliches“ Beschäftigen, übertreibt doch nicht immer so. Es gibt doch sowas wie „Allgemeinbildung“ und wenn jemand wie Du Bach auflegt – und das nicht nur weil man dazu prima Kartoffelschälen kann und die Kühe mehr Milch geben, sondern um etwas vom Wesen aufzunehmen – stellt sich die innere Kompassnadel doch mehr oder minder automatisch auf diese Zeit ein. Dazu muß man doch nicht an den Wochenenden in albernen Kostümen auf Barockmärkten (könnte es ja auch mal geben, warum immer Mittelalter?) rumlaufen oder ganze Büchereien (mit zeitgenössischen Berichten) leergelesen haben. Klar kann man Bach auflegen oder anhören ohne nur die geringste Ahnung von all dem zu haben und es auch geniessen, aber erneut: das war’s dann auch schon.

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