Re: Lars von Trier

#2000087  | PERMALINK

michaelcorleone

Registriert seit: 17.07.2005

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„Dancer in the Dark“ ist schlicht und einfach ein Meisterwerk. Ich habe nie zu vor einen Film gesehen der mich so mitgenommen hat, der Tragik so auf die Spitze treibt, seine Charaktere durch eine solche emotionale Hölle schickt, in der sie letztlich alle verbrennen, egal ob schuldig oder nicht.

Allein schon die Darstellerwahl ist gewagt und voller Risiko, aber es gibt wohl keine bessere Darstellerin für die Rolle der Immigrantin Selma als die Isländische Sängerin Björk. Nie zuvor hatte sie eine Rolle in einem Film, und sie dann gleich auf diese Reise in die Dunkelheit zu schicken, beweist nicht nur dass Lars von Trier über sehr viel Mut verfügt, sondern auch ein äußerst glückliches Händchen in der Besetzung seiner Rollen hat. Das hat er ja nicht zuletzt mit der Besetzung von Emily Watson in „Breaking the Waves“ bewiesen. Und ähnlich wie sie, wächst auch Björk über sich hinaus, zeigt die Figur der Selma mit allen Facetten, bitten mehr als so manche Oscar-Gekrönte Darstellerin in ihrem Leben zustande bringen wird.
Auch die Charaktere rund um Selma sind erstklassig besetzt. Catherine Deneuve, als Selmas mütterliche Freundin und Arbeitskollegin, Peter Stormare als Freund, der heimlich in sie verliebt ist und David Morse als Cop und Selmas Vermieter, der zugleich Auslöser für alles ist, was geschieht.

Der Film strahlt eine Trostlosigkeit und Hoffnungslosigkeit aus, die sich von Minute zu Minute steigert und letztlich in einem der schockierendsten Enden aller Zeiten gipfelt, das man wohl nie mehr vergisst.
Lars von Trier erzählt die Geschichte von Selma im klassischen Dogma Stil. Alles wurde mit Handkameras gedreht und es wurde ausschließlich natürliches Licht verwendet. Unterbrochen werden diese an Realismus wohl nicht zu übertreffenden Szenen durch Szenen, die sich in Selmas Phantasie abspielen. Selma liebt die klassischen Musicals, und so werden Selmas Phantasien dann im Stil der klassischen Hollywood Musicals inszeniert. Hier verzichtet von Trier auf den Dogma Stil und wechselt nahtlos über zu satten kräftigen Farben und eleganter Kameraarbeit . Diese Szenen sind es, die den Film unvergleichlich machen, aus Geräuschen des Alttags, grandios dargestellt insbesondere in bei der ersten Musicalszene, bei der sich die Geräusche der Maschinen in der Fabrik immer mehr in einen rythmischen Industrialsound verwandeln und schließlich vollends zu Musik übergehen. Man muss die Musik von Björk nicht mögen, um in diesen Szenen mitgerissen zu sein, aber selbst wenn man ansonsten nicht viel mit der fantastischen Songwriterin und Sängerin anfangen kann, dürften einen die Songs nicht kalt lassen. Besonders hervorzuheben ist dabei wohl sicherlich der Song, der auch als Singleauskopplung aus dem, ausschließlich von Björk erstellten Soundtrack, erschienen ist. „I´ve seen it all“, bietet nicht nur ein Choreographisches Meisterwerk, sondern auch inhaltlich eines der Schlüsselstücke des Films. Wird hier doch der Charakter von Selma grandios vermittelt. Es geht ihr nicht um sich, sie würde auf alles verzichten, wenn sie nur ihren Sohn vor ihrem Schicksal bewahren könnte und auch hier wird die ganze Hoffnungslosigkeit bereits deutlich, denn es schwingt von Anfang an eine Schwermut und Tragik mit, das es wohl keinen Zweifel daran gibt, dass es keinerlei Happy End geben kann, nicht einmal mit Hilfe der Fantasie und der Liebe. Und wenn sich zum ende hin die Hoffnung und Fantasie vollends zurückzieht und wir Björk in ihrer Zelle zu den Geräuschen aus einem Lüftungsschacht singen sehen und dabei alles im Dogma Stil verbleibt, dann wissen wir, das Hoffnung niemals bestand, das es von Anfang an nur mit Tot und Trauer enden konnte.

Man muss diesen Film gesehen haben, und man wird ihn nie wieder vergessen. Für mich ist dieser Film Psychischer Splatter in Reinkultur, es gibt keine Erlösung, keine Hoffnung, letztlich werden alle Gefühle der Figuren gnadenlos abgeschlachtet, und auch der Zuschauer fühlt sich als ob er selber einen Teil verloren hat. Noch düsterer und alles vernichtender kann kein Film sein. Wer „Dancer in the Dark“ gesehen und nicht berührt, schockiert oder sonst in einer Art und Weise getroffen ist, kann sicher sein, das er seelisch tot ist!
Ein Meisterwerk, ohne Frage!

Und jetzt könnt ihr meine Kritik verreißen. Aber ich stehe zu dem was ich geschrieben habe und verneige mich vor Meister Trier.