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StaggerleeNun hätte ich doch mal eine Frage zwischen rein, bzw. möchte meinen vorhergehenden Punkt nochmals aufgreifen, da jemand Northern Soul ins Spiel gebracht hat: Hier wird ja von Herrn Rossi der Konservatismus der Rockisten gerügt, bzw. der Gegenwartsbezug von Pop hervorgehoben (als Gegensatz). Damit Herr Rossi mir seinen Punkt anhand des Beispiels Northern Soul nochmals verdeutlichen kann, da ich ihn nur bedingt verstehe: Mich würde der (damalige) Gegenwartsbezug von Northern Soul und der zugehörigen Szene interessieren.
Da wirfst Du unterschiedliche Dinge zusammen. Erstmal bezug sich die Nebendiskussion um Gegenwartsbezug nicht auf einen Gegensatz zwischen Rock und Pop (klick).
Es schadet natürlich nicht, in diesem Thread über alles zu diskutieren, warum also nicht auch über Northern Soul … Das ist ja nun erstmal eine Rezeptionsweise. DJs spielen rare Soul-Platten (meist) aus den 60ern und die Fans tanzen dazu. Was soll das in diesem Zusammenhang besagen?
Das hat jedenfalls auch viele Musiker inspiriert, aber „Inspiration“ ist etwas anderes als „eins zu eins reproduzieren“. Anfang der 80er gab es etwa Bands wie Dexy’s Midnight Runners oder Soft Cell, die offensichtlich von der Northern Soul-Szene inspiriert waren, die aber daraus etwas eigenes machten. Nun kann es ja auch Spaß machen, wenn Musiker im Jahre x Musik spielen, die genauso klingt wie aus dem Jahre y, weil sie genau das wollen, das will ich gar nicht bestreiten.
Aber zurück zum Ausgangspunkt der Nebendiskussion – das war meine Meinung, dass Dinge, die etwa Jimi Hendrix auf der Bühne angestellt hat, damals noch aufregend waren, aber bei ständiger Wiederholung durch Musiker nachfolgender Generationen zu Stereotypen werden, hohlen Gesten, was auch immer. Jedenfalls glaube ich nicht, dass jede Rock-Geste aus dem betreffenden Musiker unkontrolliert herausbricht und er einfach nur tut, was er tun muss. Da ist vieles einfach einstudiert bzw. abgeschaut. Rockmusik lebt aber häufig (häufig! „häufig“ heißt nicht „immer“!) von dem Versprechen der Musiker und von der Fanerwartung, dass hier etwas „Echtes“ und „Authentisches“ geboten wird, im Gegensatz etwa zu Pop, der künstlich, steril und „kalkuliert“ sei. Genau diese Behauptung, Rock sei in Ausübung seiner Klischees höherwertiger als andere Musik, bezeichnet man als „Rockismus“. Der Begriff soll weder Rock an sich noch Bühnenshows noch Fanbegeisterung diskreditieren.
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