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@MF, zu einem gewissen Grade kann ich Deine Gedanken nachverfolgen und verstehen. Meine Beschreibung war etwas sehr plakativ und glaub mir, faschistische Gedanken wollte ich damit ganz bestimmt nicht heraufbeschwören (ich ekel mich selbst vor dem Gedanken). Was ich meinte war etwas worüber auch tops vor einigen Jahren mal einen sehr interessanten Beitrag geschrieben hat. Im Grunde geht es um eine us against the world mentality einer Gruppe die sich durch teils elitäre Gedanken absetzen möchte, vom Elternhaus, dem Mainstream, you name it.
tops
Die Dynamik in einer sich nicht zuletzt durch Musik definierenden, nach außen deutlich abgegrenzten Szene mit all ihren Pros und Cons ist ja nicht nur mit unterschiedlich ausgeprägtem Distinktionswillen (ein Wischiwaschi-Begriff wie Migrationshintergrund) zu erklären, da greifen ja oft viel existentiellere Seinsbestimmungen und Einsichten. In der Northern-Soul-Szene wie übrigens – es klang bereits an – in allen anderen. Wer mal beim Weekender in Hemsby war, dem erscheint das Treiben im Wigan Casino fast volkstümlich. Wobei die Rockabilly-Szene nicht zwei oder drei harte Kerne hat, sondern derer ein Dutzend, mindestens.Je mehr sich eine Szene abschottet, desto weniger läuft sie Gefahr, verwässert zu werden. Durch Mitläufer und Trittbrettfahrer. Die kaufen sich halt ein paar Compilations für den Hausgebrauch, können damit aber in der Szene nicht punkten.
Es ist kein closed shop, doch Zugang wird nicht jedem gewährt, nur weil er ein bißchen Interesse mitbringt. Und, wie ich schon zigmal anderswo schrieb, ebendas ist einer der wesentlichen Gründe dafür, daß Pop im UK lebt. Die Musikszene dort bekam ihre Impulse stets von tribes. Von den Teds, Mods, Skins, Punks, ja sogar von den Sloane Rangers. Tribalism sorgte im UK für Bewegung durch Ausgrenzung, was nur auf den ersten Blick paradox zu sein scheint. Denn erst unbedingte Identifikation, elitäre Selektion und das dadurch bedingte Überlegenheitsgefühl einer In-Crowd vermochte die nötige Dichte und Schwerkraft zu erzeugen, um das diffus popmusikalisch interessierte Umfeld zu beeindrucken. Attraktion durch schieres Anderssein, durch Arroganz und Militanz.
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